Predigt vom 9.9.2023 – Schöpfung

2023-09-09_23._So._i._J. Schrifttext Joh 10,10

Schöpfung

 Liebe Schwestern und Brüder,

alle Menschen nennen einen inneren Raum ihr Eigen. Dort unten in der Tiefen deiner Persönlichkeit, an den Quellen der Träume und der Mythen, da ist der Raum, an dem Gott ein- und ausgehen will, Steht dieser Raum leer, dann ist dein Leben erfüllt von Unruhe, Angst, Ungeduld und Überdruss. Und dann kann es sein, dass die unterdrückte Seele des Morgens wach wird – vielleicht nach einer Nacht voller Vergnügungen – und erschrocken ist von ihrer inneren Leere. In deinem Herzen wohnt der eisige Wind der Einsamkeit.

 Wir leben in einer Welt der Fülle, die Regale der Supermäkte sind überfüllt, nicht nur mit Gummibärchen, auf den Höfen der Autofirma stehen die neuesten Wagen in Hülle und Fülle und die Buchungsbücher der Lufthansa für Fernflüge in alle Welt sind voller als vor Corona; dabei hatten doch so viele geschworen: Wandern im Sauerland ist auch schön und Weniger ist Mehr.

Aber füllt das alles meine Seele, da ganz tief innen drin? Oder ist da bei vielen nicht oft eine Leere, eine Sinnleere? Ein Vakuum? Ein Vakuum, sagen Physiker, entwickelt einen Sog. Es will die Leere füllen, egal womit, auch mit Schrott. Die Sinnleere in der Seele vieler Menschen entwickelt einen ähnlichen Sog, eine Gier nach allem, was man konsumieren kann. Und wird dieser Sog, diese Gier in Deutschland von der Ampelregierung nicht bald mit Wirtschaftswachstum beantwortet, dann wird sie in 2 Jahren nicht wieder gewählt. Und sollte in den USA das Wachstum bald wieder einbrechen, dann schlagen wir uns ab Ende nächsten Jahres wieder mit dem Obernazisten Donald Trump herum.

Dieser ständig größer werdende Sog, diese grenzenlose Gier tötet irgendwann den Planeten, hat schon die Studie des Berichts des Club of Rome „Grenzen des Wachstums“ 1972 anlysiert.

 In den 80-er Jahren haben die Ökumenischen Versammlungen der Kirchen überlegt: Wie können wir den Menschen dieser Zeit eine andere Form von Leben in Fülle anbieten? Sie haben als Leitmotto den Satz formuliert: Für Frieden, Gerechtigkeit und Bewahrung der Schöpfung.

Der Ökumenische Rat der Kirchen hat nach der Ökumenischen Voll-versammlung in Jahr 2007 in Hermannstadt in Rumänien die Zeit vom 1. September, dem Erntedankfest der Orthodoxen Kirche, bis zum 4. Oktober, dem Fest des Franz von Assisi mit seinem Sonnengesang Laudato si als christliche Schöpfungszeit festgelegt, in der unsere Verkündigung, unsere Gebete und Taten sich in besonderer Weise der Rettung des Klimas, der Artenvielfalt der Nachhaltigkeit, dem Frieden und der Gerechtigkeit widmen soll.

Im Mai 2015 erschien dann die Enzyklika Laudato si, in der Papst Franziskus uns Christen die Werte von Bewahrung der Schöpfung und Frieden mit allem Leben mit hoher Intensität ins Gewissen redet.

 Mit einigen Christen hier im PV Büren haben wir 2016 überlegt, wie wir diese Werte der ök. Vollversammlung und von Laudato si in unseren Gemeinden umsetzen können. Da in Wewelsburg die Gedenkstätte für die Naziopfer und eine Jugendherberge angesiedelt sind, haben wir mit dem Ziel einer christlich-jüdischen Friedenspädagogik und in Zusammenarbeit mit den beiden Einrichtungen das Projekt „Kirche an der Burg“ gestartet. Für die Bewahrung der Schöpfung bot sich Siddinghausen an, da hier das Heimathaus ist mit einem Schöpfungsgarten und weil die Frauengemeinschaft sowieso schon das Anliegen der Ök. Versammlung von 2007 aufgegriffen hatte und schon seit Jahren im Monat September Gottesdienste zu diesem Anliegen gestaltet. (Hohe Anerkennung)

 Wir wollten dieses Anliegen weiterführen und haben im Pfarrgemeinderat die Enzyklika „Laudato si“ über die Bewahrung der Schöpfung vorgestellt. Dort bezieht sich Papst Franziskus oft auf die Erd-Charta und fordert Kirchen, Institutionen und Gemeinden auf, sich der Erdcharta-Bewegung anzuschließen. Die Erd-Charta gilt neben der Charta der Vereinten Nationen und der Erklärung der Menschenrechte als das dritte große Standbein der UNO. Sie ist vor 22 Jahren unter Beteiligung von tausenden von Wissenschaftlern entstanden. Vereine, Gemeinden, Kommunen,Schulen welche Einrichtungen auch immer, die der Erdcharta-Bewegung beitreten, überlegen bei allen Entscheidungen, bei allem, was sie arbeiten, essen, leben und feiern, zuerst, ob es der Umwelt dient oder schadet. Die Hegge, die Bildungseinrichtung, in der ich jetzt lebe, ist z.B. eine Erdcharta-Einrichtung. Das hat Auswirkung auf alles Leben, nicht nur auf die Bildungsthemen, z.B. auch auf das Essen, das oft fleischlos ist und immer aus regionalen Produkten besteht.

 In Siddinghausen haben wir dazu die Aktionswoche Sunday for future 2019 veranstaltet, in der wir Kontakt hatten mit dem Naturschutzbund, mit der Bewegung Friday for future, Bäume gepflanzt und unseren ökologischen Fußabdruck gemessen haben. Dann kam Corona, Es sollte nach Corona weitergehen. Wie und ob es weitergehen kann, liegt nicht in meiner Hand. Aber ich bin froh, dass die KFD diesem Anliegen nach wie vor treu ist und diesen Gottesdienst engagiert vorbereitet hat.

 Leben in Fülle, die voll gefüllte Vase ist Völlerei. Sie wird Leben in Fülle, wenn ich teile, was ich habe. Leben in Fülle entsteht dann, wenn ich den innersten Raum meiner Seele der Begegnung öffne für die Begegnung mit der Bedürftigkeit unserer Zeit, aber auch der Begegnung mit Gott, in kleinen Zeiten der Meditation oder des Gebets am Tag.


2023-09-10 als pdf

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