2023-06-04
Dreifaltigkeit
Joh 3,16-18
Sind der Löffel drei, hat doch jeder zwei. Selbst Gott ist in sich nicht einsam, er ist Beziehungsgeschehen. Er kann ohne den anderen nicht sein. Unser Glaube behauptet sogar: Gott kann ohne den Menschen nicht sein. Er will nicht, dass jemand zugrunde geht, er will, dass die Menschen gerettet werden, heißt es im heutigen Evangelium.
Aber stimmt das? Kümmert sich Gott um uns Menschen?
Was sagen Sie den Leuten, Herr Pastor, wenn ein Kind stirbt, fragte mich neulich etwas provozierend eine junge Frau. Ich kann mir Gott nicht als einen Marionettenspieler vorstellen, der irgendwo da oben die Fäden zieht und nach Gutdünken die Puppen tanzen lässt, der Glück und Unglück nach Gutsherrenart verteilt. Jesus von Nazareth hat uns auch nicht mit einem Gott bekannt gemacht, der uns durch Schicksalsschläge strafen will, wie manche fundamentalistische Glaubensrichtungen es heute noch deuten. Nein Jesus sagt: Er will nicht richten, er will retten.
Das ist das Geheimnis der Dreifaltigkeit, sagt das Evangelium heute, sagt die christliche Lehre.
Wie geht die Kirche heute mit diesem Geheimnis um? Kürzlich erinnerten mich Freunde im Sauerland an einen kleiner Dreizeiler von Lothar Zenetti aus dem Jahre 1972.
„Kleine Bitte an Rom“, heißt es da, „Geheimnis, nicht Geheimniskrämerei des Glaubens.“ Über 50 Jahre sind die Verse alt, und ich denke, es hat sich nichts geändert.
Nichts hat die Kirche in Deutschland und vielen anderen Ländern in den letzten 500 Jahren so erschüttert wie der Missbrauchs-skandal unserer Tage; Priester- und Ordensberufe sind bis in Mark in ihrer Seele verunsichert. Die Kirche hat weitgehend ihre Glaubwürdigkeit und so viele Gläubige ihr Vertrauen in das Geheimnis des Glaubens verloren. In der deutschen Kirche hat man daraus die Konsequenz gezogen, die Verantwortung auf breitere als nur klerikale Schulter legen, dass z. B. man Laien in die erste Reihe der Verantwortung holen muss. Synodaler Prozess nennt man das.
Und was macht Rom? Man will unbedingt an der hierarchisch klerikalen Struktur festhalten, also weiterhin Gheimniskrämerei, statt Geheimnis des Glaubens. In der Erzdiözese Köln weiß man seit Jahren nicht, wie es weitergeht, weil Rom schweigt. In Paderborn hat man profilierte Laien berufen, die Vorschläge zum Profil und zur Wahl des Erzbischofs machen sollten. Im April dieses Jahres gab es ein Verbot aus Rom, Laien an der Wahl zu beteiligen. Dann kommt wahrscheinlich nach so viel Geheimniskrämerei irgendwann ein neuer Erzbischof wie Kai aus der Kiste, ohne jeden Wahlkampf, ohne Vertrautwerden mit den Kandidaten durch die Gläubigen.
Kleine Bitte an Rom, Geheimnis, nicht Geheimniskrämerei des Glaubens.
Es gibt das Wort eines großen Theologen Romano Guardini, das ist über 100 Jahre alt und heißt: „Kirche erwacht in den Seelen.“ Wen man das nicht zulässt, hat der Heilige Geist keine Chance, dann darf man sich nicht wundern, dass Kirche stirbt. Gott ist in sich Beziehung; er kann ohne den anderen, und will ohne den Menschen nicht sein. Inkarnation, Menschwerdung, konsequent leben, darum geht es.
Dass Gott trotz vieler Leiderfahrungen, die wir nicht verstehen können, auf unserer Seite steht und unser Leben in seinen Händen hält, hat ganz dicht Rose Kennedy ausgedrückt, die Mutter des 1963 ermordeten Präsidenten John F. Kennedy.
Rose Kennedy musste erleben, dass vier ihrer Söhne vor ihr starben, auf brutale Weise durch Krieg oder Mord. Ihre jüngste Tochter war körperlich und geistig behindert. Ihr Mann nahm es nicht so genau mit der ehelichen Treue. Viele Schicksalsschläge kennzeichneten ihr Leben.
Man sollte doch meinen, sie sei über Gott verbittert. Nein, in ihren Memoiren schrieb sie als 90-jährige:
„Die Gabe des Glaubens an den dreifaltigen Gott ist das größte Geschenk, das ich im Leben habe. Um sie nicht zu verlieren, würde ich alles geben, sogar meine Gesundheit. Die Gabe des Glaubens stellt alles in eine geistige Perspektive, so dass Liebe, Freude und Glück ebenso wie Kummer, Sorge und Verlust zu Teilen eines großen Bildes werden, das weit über uns hinausreicht. Ich weiß immer nur den nächsten Schritt. Es ist gut, dass Gott meine ganze Lebensgeschichte kennt und um meine Zukunft weiß.
Wo die ganze lärmende Welt nur ratlos mit den Schultern zuckt, haben wir Christen eine Botschaft auszurichten, dass der Mensch über sich selbst hinaus Zukunft hat, weil er gottgewollt ist. Deshalb glauben wir
An den Vater, den Schöpfer der Welt,
an den Sohn, Jesus mit Namen. In ihm ist Gott Mensch geworden, damit endlich alle verstehen, wie wichtig wir ihm sind,
Ich glaube an den heiligen Geist, die Kraft Gottes in mir, die mich kämpfen lässt für eine heilende Veränderung von Mensch und Umwelt und die mich beten lässt wie zu einem Freund.
Gott, du bist dreifaltig einer. Als solcher erwachst Du auch in mir, heute noch. Amen
DREIEINIGKEIT
Drei Hasen im Wirbel,
Bewegung, die nie anfängt,
die nie aufhört,
Zeichen für Leben
in Unendlichkeit,
Schwebend im Fenster
im Dom zu Paderborn,
schwerelos schwebend,
Hinweis auf Weite,
Hoffnung und Himmel.
Drei Hasen, drei Löffel,
ein Hase, zwei Löffel:
das kann nur der Wirbel des Lebens.
Jeder hat, was er braucht,
und doch hat er es vom anderen;
so ist Gott, – dreieinig -,
die eine Person lebt
von der anderen
und kann ohne
sie nicht sein;
So ist der Mensch,
wer gibt, kann
auch nehmen,
für sich ist er allein,
geteiltes Leben ist gefülltes Leben,
wenig wird viel,
es reicht für alle.
Gott wird bleiben,
nie begann er,
nie endet er,
dreieinig
für Erde und Mensch.
Der Mensch
wird bleiben,
geschaffen für ewig,
geboren, um zu sterben,
gestorben, um zu leben,
sterbend und lebend
im Wechsel der Zeiten,
so erhältst Du, Gott,
Deine Geschöpfe am Leben.“
(Ullrich Auffenberg)
Lieber Ulli
Heute habe ich Deine, Predigt vom 4.6.23 gelesen.Du hast mir aus dem Hezen gesprochen,weil ich total frustiert bin, weil ich keine Fürbitte mehr hören kann um einen „neuen, guten“ Erzbischof – ich ahne fürchterliches – .
Aber nicht nur das; die gesamte Predigt hat mir gut getan. Sie ist geerdet und in unsere Zeit gesprochen, wie immer.
Sei von Herzen gegrüßt und behütet
Daniele