Predigt vom 11.6.2023 – Barmherzigkeit

2023-06-11_10._So._i.J.

Barmherzigkeit

Mt 9,9-13

Liebe Schwestern und Brüder,

Barmherzigkeit ist, dass Gott uns anrührt, dass er unsere Hände greift und sie an sein Herz legt, dass Gott zu uns kommt und uns frei macht. Sagt es allen,  dass Gott bei uns ist.“ (Alfred Delp)

Recht auf Frieden heißt demnach, sich an das  Herz Gottes nehmen zu lassen, um dann sein Herz in die Hände zu nehmen für den Frieden der Welt.

Zwei junge Mädchen waren noch Kinder, als sie sich etwas sehr zu Herzen nehmen ließen; Johanna von Orleans, der Klimapolitik, Greta Tunberg, die J.v.O. der Mädchenbildung: Malala Yousafzai, ein  Mädchen aus Pakistan. Mit 17 Jahren hat  Malala den Friedens-Nobelpreis 2014 erhalten. Im Jahre 2009 hatten die Taliban, jene radikale Islamistengruppe, das Tal besetzt, in dem Malala damals lebte. Sofort verboten sie alle Frauenrechte. Mädchen durften nicht mehr in die Schule gehen. Malala hatte schon früh das Tagebuch der Anne Frank gelesen und hatte schon sehr früh festgestellt, dass sie wie Anne Frank im Hinterhaus als Jüdin eingesperrt war unter den Nazis, so war sie Malala unter den Taliban eingesperrt in ihrer Bildungslosigkeit. Als sie 12 Jahre alt war, ging heimlich zur Schule und sendete über einen Geheimblock im Internet immer wieder Geheimnachrichten über die Herrschaft der Taliban nach London. Am 19. Oktober 2012 stoppten Taliban einen Jeep, in dem Malala mit anderen Mädchen saß. Ein Taliban schoss ihr eine Kugel in die Stirn, links neben  dem Auge. Die Kugel flog durchs Gehirn, das Trommelfell, den Hals und blieb in der Schulter stecken. Malala wurde operiert in Peshawar. Später flog man sie nach London aus, wo man durch sehr komplizierte Operationen ihr Leben rettete. Ihre linke Gesichtshälfte und das linke Ohr sind bis heute taub. Im Juli 2013 hat sie mit 16 Jahren eine Rede vor der UNO gehalten. Dort hat sie gesagt: Die Kugeln der Taliban sollten mich zum Schweigen bringen. Aber das haben sie nicht geschafft. Es hat sich nichts verändert in meinem Engagement. Nur eins hat sich geändert: Schwäche, Angst und Hoffnungslosigkeit sind verschwunden, Stärke, Kraft und Mut sind geboren.

Weiter sagte sie vor der UNO:

Ich bin dieselbe Malala. Meine Absichten sind dieselben. Meine Hoffnungen sind dieselben. Und meine Träume sind dieselben. Ich bin gegen niemanden. Ich hasse niemanden, nicht einmal den Taliban, der auf mich geschossen hat.

Selbst wenn eine Waffe in meiner Hand wäre, und er vor mir stünde, würde ich ihn nicht erschießen. Das ist das Mitgefühl, das ich von Mohammed gelernt habe, dem Propheten der Barmherzigkeit und von Jesus Christus und von Buddha. (Auch sie sind Propheten der Barmherzigkeit) Das ist das Erbe des Wandels, das ich von Martin Luther King und  Nelson Mandela übernommen habe. Das ist die Philosophie der Gewaltlosigkeit, die ich von Gandhi und Mutter Theresa gelernt habe. Und das ist die Versöhnlichkeit, die ich von meinem Vater und meiner Mutter gelernt habe. Meine Seele sagt mir: „Sei barmherzig,  liebe alle.“

Liebe Schwestern und Brüder, hier hat Gott das Herz einer 16-jährige zu seinem Herzen genommen, damit sein Herz ausstrahle in die Welt. Das ist Barmherzigkeit.

Malala sagte vor der UNO: „Ein Stift, ein Schulheft, ein Buch und eine Lehrerin können das Angesicht der Welt verändern.“

Und weiter heißt es in dieser Rede: Die Islamisten machen Gott unendlich klein, wenn sie meinen, er würde Mädchen und Frauen die Bildung verbieten.“

Übertragen auf unsere Kirche frage ich mich manchmal. Wie klein machen wir Katholiken diesen Jesus, wenn wir meinen, er würde Frauen den Zugang zum Priestertum verweigern?

Mit Jesus, aber auch mit Malala und den anderen großen Propheten ist die Würde des Menschen geboren, sind Gewaltlosigkeit, Stärke, Kraft Mut und Barmherzigkeit geboren. Unsere Träume sind dieselben.

Alle Religionen haben dieselbe Schnittmenge: Barmherzikeit, Gerechtigkeit; Frieden.  Das lehrt eine 16-jährige die UNO.

Millionen Menschen leben im tiefsten Elend, weil sie nie eine Schule besuchen durften oder besuchen dürfen. Deshalb fordert Malala auf:       „ Also lasst uns einen weltweiten  Kampf wagen gegen Analphabetismus, Armut, Terrorismus, gegen alle Kriege der Unbarmherzigkeit, lasst uns unsere Bücher, Hefte  und Stifte holen, sie sind unsere stärksten Waffen.“ Allen Kindern, die bei uns ungern zur Schule gehen, allen, die täglich in der medialen Konsum- und Medienüberflutung abzustumpfen drohen, sei dies gesagt: Selber denken lernen, also Bildung ist die wesentlichste Voraussetzung, um Barmherzigkeit und Frieden zu leben.

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