Predigt vom 5.12.2021 – Heiland reiss die Himmel auf

2021-12-05-2._Advent
Heiland reiß die Himmel auf
Zu Lk 3,1-6

Liebe Schwestern und Brüder,
die Frau, die mit allen politischen Wassern gewaschen ist, der so schnell
keiner das Wasser reichen kann, die so vielen mit ihr konkurrierenden
Männern gezeigt hat, wo der Hammer hängt, die Frau, die viele für die
mächtigste der Welt halten, diese Frau, die immer sachlich bleibt und die
nichts aus dem Gleichgewicht bringt, ausgerechnet diese Frau zeigte in
dieser Woche Rührung und fast eine kleine Träne im Auge. Es war der
Moment, als man die Bundeskanzlerin verabschiedete wurde und beim
großen Zapfenstreich das Lied von Hildegard Knef erklang: Für die soll`s
rote Rosen regnen.
Hören wir einfach mal hinein…
Für mich soll’s rote Rosen regnen
Mir sollten sämtliche Wunder begegnen
Die Welt sollte sich umgestalten
Und ihre Sorgen für sich behalten

Aber es regnet in diesen Zeiten nicht rote Rosen und die Welt behält
nichts für sich. Es regnet eher immer neue Varianten eines aggressiven
Virus und bringen die Menschen aus der Fassung und die Welt aus den
Fugen.
„O Gott ein Tau vom Himmel gieß, im Tau herab o Heiland fließ“, heißt
es in einem anderen Adventslied. Heiland? Nein Heilung fällt nicht so
einfach vom Himmel. Schutz gibt es durch Impfung nicht durch göttliche
Wunder, wie so manche religiöse Fundamentalisten behaupten. Und
wenn sie dann an Covid 19 sterben sollten, vor ihrem göttlichen Richter
stehen und zu ihm sagen: O Gott, ich habe so sehr an dich geglaubt und
du hast kein Wunder geschickt und mir nicht geholfen, dann wird er
vermutlich sagen: Jeden Tag habe ich dir über sämtliche Medienkanäle
eine Einladung zum Impfen gesandt, und du hast nicht zugegriffen.
Gott wirkt nicht an den Naturgesetzen und unseren medizinischen
Erkenntnissen vorbei, sondern nur durch sie.
Dieses Lied „O Heiland reiß die Himmel auf“ ist während einer anderen
Epedemie entstanden, der fürchterlichen Pest während 1620x Jahre im
30-jährigen Krieg. Der Jesuit Friedrich von Spee ist der Autor. Er ging in
die Pestkeller, wusch den Kranken die Wunden aus, steckte sich am
Ende selber an und starb. Wie sehr hätte man in jenen Zeiten nach den
medizinischen Möglichkeiten gegriffen, die wir heute haben.
O Heiland reiß die Himmel auf. Als Friedrich Spee von Langenberg vor
fast 400 Jahren dieses Lied schrieb, da lagen durch den 30-jährigen
Krieg große Teile Deutschlands wie heute Syriens in Trümmern. Und
gefoltert wurde auch, und wie. Unschuldige Frauen warf man als Hexen
in die Kerker, verbrannte sie auf den Scheiter-haufen. Und Friedrich von
Spee, der Jesuit, hat tausende von ihnen auf dem letzten Weg als
Priester begleitet, drei Jahre lang auch in Paderborn. Und schrieb am
Ende anonym seine Erfahrungen auf in dem Werk Cautio criminalis, die
mit dem Satz beginnt: „Unzähligen Frauen gab ich auf dem Weg zum
Scheiterhaufen seelischen Beistand. Ich sah nicht eine, die schuldig war,
nur unglückliche und verzweifelte Menschen sah ich.“ Diesem Werk war
es nach Jahrzehnten zu verdanken, dass Kirche und Staat die
Hexenverfolgung einstellten.
Bereite dem Herrn den Weg, heißt es im heutigen Evangelium. Gott
kommt in unserem Leben nicht an und der Himmel öffnet sich uns nicht,
indem wir uns zerstreiten, sondern nur, wenn wir versuchen solidarisch
füreinander Verantwortung zu zeigen. Solidarität, wie sie Adolph Kolping
und in seiner Folge das Kolpingwerk über fast 160 Jahre gelebt hat.
Denn nicht das ist Weihnachten, dass unser Gabentisch reichlich gefüllt
ist mit dem neuesten Smartphone oder der Playstation von Amazon.
Sondern, dass Gott nach deinem verwundeten Herzen greift und dir
sagt: Es wird alles gut. Darum nimm das Stück Welt in die hand, das ich
dir im Leben anvertraut habe, in der Familie, in deinem Beruf, in deinem
Ruhestand und versuche es umzugestalten von der Vereinzelung in die
Gemeinsamkeit, damit es tatsächlich wieder rote Rosen der Liebe
zwischen euch regnet.


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