Predigt vom 18.10.2020 – Steuern zahlen

2020-10- 18-29._So._J. – Steuern zahlen

Mt 22.15-21

Liebe Schwestern und Brüder,

Einmal fuhr mir auf einem Parkplatz jemand eine Schramme in die Beifahrertür meines Autos. Der Verursacher hinterließ seinen Namen und die Adresse auf der Windschutzscheibe. Drei Tage später fuhr ich mir auf der anderen Seite selbst eine größere Schramme an meiner Garage. Als ich nach der Reparatur den Wagen wieder abholte, sagte der Werkstattleiter: Wir schreiben dann beide Schäden auf die Rechnung für den Mann, der den einen Schaden verursacht hat, dann bezahlt dessen Haftpflicht-Versicherung alles. Ich antwortete: „Das möchte ich aber  nicht.“ „Warum denn nicht?“, lautete die Gegenfrage. „Weil das nicht der Wahrheit entspricht,“ entgegnete ich.  Da schaute  mich der Werkstattleiter ganz verduzt an und sagte den denkwürdigen Satz: „Aber das machen doch alle so.“

Ist das Wahrheit, das, was alle machen. Alle mauscheln so ein bischen rum, tricksen hier den Geschäftspartner aus, hauen dort das Finanzamt  über`s Ohr, dann kann das ja nicht verkehrt sein. Alle gehen sonntags nicht  mehr in die Kirche, also ist „Nicht in die Kirche gehen“ richtig . Eltern müssen heutzutage viel Geld ausgeben, weil  Gott „Alle“ für ihre Kinder seine Gesetze ausgerufen hat: Es müssen unbedingt Schuhe von Reebock oder Dockers sein und Klamotten von Nike oder Boss. Sonst  hat man ja nicht, was alle haben. Und hat man nicht, was alle haben, dann ist man ja  kein echter Mensch.

Denn wahr und echt  sein, das wird heute so definiert: Dazu gehören, in zu sein, sich auf der Höhe der Zeit zu bewegen. Das machen doch alle so. Bert Brecht sagt: Alle fressen Dreck, also ist Dreck fressen richtig. So kann es doch wohl nicht sein.

Vermassung gibt es nicht nur in der Tierhaltung. Der Verhaltensforscher Konrad Lorenz hat von der Vermassung der Seele des zivilisierten Menschen gesprochen. Man guckt nicht mehr richtig hin, fragt nicht mehr, was richtig oder falsch ist. Weil alle dem Mainstream, dem Massentrend nachlaufen, tue ich das auch. Das nimmt mir ein Stück Verantwortung, es nimmt mir aber auch die individuelle Freiheit. Nur tote Fische schwimmen mit dem Strom, sagt ein Sprichwort. Alle ließen sich einmal von den grausamen Ideen eines Führers begeistern, der dann 50 Mio Menschen mit in den Abgrund riss. Aber die Zeiten der Vermassung liegen nicht so weit zurück. In drei Wochen  werden wahrscheinlich wieder 40 Millionen Amerikaner Donald Trump wählen. Egal, was der Mann für einen Stuss redet oder wie er mit seiner Politik der ganzen Welt schadet, sie hören gar nicht hin. Sie wählen einfach, was in ihrer Herde alle wählen. Und wenn in dieser Herde alle keine Maske tragen, dann ist Covid 19 nicht so schlimm.

Was in Amerika der Präsident ist, war zur Zeit Jesu der Kaiser Tiberius in Rom. Und da wollen Leute Jesus eine Falle stellen. Sie fragen ihn: Ist es erlaubt, dem Kaiser Steuern zu zahlen? Die Antwort Jesu ist eindeutig: Gebt dem Kaiser, was des Kaisers ist, aber Gott, was Gottes ist. Im römischen Reich galt der Kaiser als Gott. Diesen Kaiserkult durchbricht Jesus. Er sagt: Gebt der politischen Regierung, was sie braucht, um das Gemeinwesen und den Staat im Interesse des Menschen zu regeln, aber baut ihm keinen Thron in euren Herzen, macht ihn nicht zum Gott eurer Seele. Gebt ihm das Materielle, aber gebt ihm nicht eure Seele.

Für die Christen in den ersten drei Jahrhunderten im römischen Reich hatte das schwerwiegende Folgen. Weil sie wie Fische waren, die gegen den Strom schwammen, weil sie sich vom Staat nicht vermassen ließen, taten, was alle taten weil sie ihre geistige Freiheit nicht an der Garderobe abgeben hatten, kostete es sie oft genug das Leben, den Martyrertod.  Für sie war es nicht im Namen Gottes, Kriege zu führen, Feindesliebe statt Waffendienst. So verweigerten sie den Wehrdienst. Das brachte sie massenweise an die Kreuze und in die Vernichtungsarenen. Und heute: Ich kann nur staunen und mit offenen Mund in der Zeitung lesen, wie im heutigen Belarus auch alte Frauen mit Kreuzen, Heiligenbildern und Christusikonen in den Händen dem Diktator widerstehen und bei den demonstrationen mitmachen. Sie und die vielen anderen riskieren Gefängnishaft und Folter, weil sie den Kaiser entgöttlichen, ihm nicht ihre Seele und nicht länger ihre Freiheit geben wollen.

Das Evangelium dieses Sonntags fragt auch uns, die wir in einer trotz Corona doch noch abgesicherten Gesellschaft leben: wem bauen wir in unserem Leben einen Thron. Dem Gott Geld, dem Gott „Alle“ oder dem Gott Jesu, dem der Liebe und des Friedens. Was heißt das z.B. heute für den Weltmissionssonntag? Der Bundesentwicklungsminister Gerd Müller hat kürzlich gesagt: „Bei uns in Berlin kann man für 70 Cent 50 Teebeutel kaufen. Unser Wohlstand ist die Armut der anderen. Wenn wir für einen Euro 50 Beutel kaufen, dann verdienten die Plantagenarbeiterinnen in Indien statt einen Euro zwei Euro am Tag. Das würde sie retten. Es kann Millionen von Familien die Existenz retten, wenn wir im fairen Handel Teile unserer Lebensmittel einkauften, statt dem Gott Billigpreise zu glauben.

Faire Produkte gibt es schon in einigen Supermärkten, ganz sicher aber in einem gut aufgestellten Eine Welt Laden in der Langen Strasse in Salzkotten, ein Laden, der ausschließlich von Ehrenamtlichen getragen wird.

Mit der Abwandlung eines Textes mit dem Titel TROTZDEM von Mutter Teresa möchte ich schließen

Wenn alle sagen, das Gute, das du tust, lohnt sich nicht, es wird schon morgen vergessen sein, dann tue trotzdem Gutes.

Wenn alle meinen, es sei nur ein Tropfen auf den heißen Stein, wenn Du deinen Lebensstil änderst nach der Devise Weniger ist mehr, um das Klima zu schonen, dann ändere trotzdem deinen Lebensstil

Wenn alle der Meinung sind, Ehrlichkeit, Offenheit Wahrhaftigkeit mache dich verwundbar in deiner Seele, dann sei trotzdem offen und ehrlich.

Wenn alle dir einflüstern, Freundschaften lohnen sich nicht, sie enttäuschten dich nur, dann versuche trotzdem vielen Menschen ein guter Freund zu sein.

Wenn alle der Meinung sind, die katholische Kirche sei von vorgestern und habe unsere Aufmerksamkeit nicht mehr verdient, dann suche trotzdem den Christus, der unter dem Schutt von Missbrauch, Reichtum  und Unglaubwürdigkeit zu ersticken droht.

Wenn alle dir egoistische Motive und Hintergedanken unterstellen, wenn Du dich für Flüchtlinge und Zukurzgekommene einsetzt. Dann setze dich trotzdem ein.

Denn nur tote Fische tun, was alle tun, nur tote Fische schwimmen mit dem Strom. Amen.

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