Predigt vom 29.06.2025 Peter und Paul

Jesus v. Nazareth – unsere Identität

Mt 16, 13-19

Liebe Schwestern und Brüder,

ich hätte bei diesem Wochenende die Teilnehmerinnen der Werkhütte gern gefragt: Wie würden Sie die beiden Figuren Petrus und Paulus in Holz oder in Stein gestalten? In Körbecke am Möhnesee sind in dem barocken Hochaltar aus dem 18. Jdt. Petrus und Paulus die dominierenden Gestalten: Petrus steht da, felsenfest, wuchtig gestaltet mit seinem Schlüssel in der Hand, als wollte er sagen: An mir kommt nichts vorbei. Paulus ist dagegen schwungvoll, dynamisch gestaltet, Bewegung ist sein Merkmal.

Als Katholiken glauben wir seit Jahrhunderten, dass Petrus der Felsen der Hierarchie ist, auf dem allein die Kirche aufgebaut ist. Jetzt haben wir einen neuen Nachfolger Petri, Leo XIV. Noch ist nicht ausgemacht, in welche Richtung das Schiff Petri sich bewegt, mehr in die beharrende, konservative oder in die dynamische vorwärtstreibende Richtung. Damals in Jerusalem auf dem ersten Konzil kam es zu dem großen Showdown, zwischen Petrus, der die neue Bewegung der Christen auf Judäa und Israel beschränken wollte, und Paulus, der sie hinaus drängen wollte in die ganze Welt. Paulus hat sich durchgesetzt. Wenn nicht, dann säßen wir heute nicht hier.

Aber Jesus bezieht doch seine Zusage „Du bist Petrus, der Fels, und auf diesem Felsen will ich meinen Kirche bauen“ auf die konkrete Person des Simon auf Kafarnaum. Darum ist dieser Satz in großen goldenen Lettern in der Kuppel des Petersdoms verewigt.

Aber wie kommen andere christliche Kirchen und Gemeinschaften damit klar, z.B. die evangelischen. Sie sagen, diese Zusage beziehe sich weniger auf die konkrete Person des Simon als vielmehr auf sein Bekenntnis. Wer sagen kann, Du Jesus, bist für mich der Messias, der Erlöser, der Retter meines Lebens, der hat sein Leben auf Fels gebaut, der hat in seinem Leben eine unverwechselbare Identität, die Schlüssel zu einem Leben in Gottes- und Menschenverbundenheit.

Wer sich so zu seiner Identität bekennt, der setzt sich aus, riskiert manchmal sogar das Leben, wie Petrus und Paulus. Bei uns heute riskiert man vielleicht Ausgrenzung, Spott, Ironie, aber nicht das Leben. Das ist in anderen Ländern ganz anders, wie wir letzten Sonntag von Damaskus hörten, wo ein islamistischer Selbstmordattentäter 25 Menschen in den Tod riss und noch mehr verwundete. Was motiviert Christen in Syrien z.B. heute, an diesem Sonntag und an allen Sonntagen, trotzdem wieder einen Gottesdienst zu besuchen? Ich weiß es nicht von Syrien, aber ich habe die Worte des Pfarrers Imasuen aus Lagos in Nigeria im Ohr. In Nigeria werfen Terrorgruppen wie Boko Haran regelmäßig Bomben in christliche Gottesdienste, 2021 wurden bei einer Osternachtsfeier in Lagos mehrere hundert Menschen in den Tod gerissen. Trotzdem werden die Messen in Nigeria Sonntag für Sonntag voller statt leerer. Pfarrer Immasuen gibt die Erklärung: „Wir lassen uns nicht davon abbringen, dass Christus der Mittelpunkt und das Ziel unseres Lebens ist. Wir brauchen die Sonntagsmesse, jetzt mehr denn je. Ohne sie würden wir als christliche Gemeinden auseinanderfallen. Ohne Christus gäbe es noch weniger Liebe und noch mehr Krieg in unserem Land.“ Identität durch Glauben, Christubekenntnis.

Die Menschenrechtsorganisation Open Door spricht davon, dass zur Zeit 360 Mio Christen in 60 Ländern unter Verfolgungsdruck stehen. Das ist die größte Christenverfolgung aller Zeiten. In Nordkorea versucht das Kim-Regime das Christentum seit fast 80 Jahren auszumerzen und trotzdem gibt es dort noch 400.000 Christen, wahre Katakombenchristen, die sich in Schächten tief in der Erde treffen. Ständig gibt es Hausdurchsuchungen. Findet man auch nur eine Bibel oder ein Gebetbuch, droht Straflager oder Hinrichtung.

Offensichtlich gibt der Christusglaube diesen Menschen Fundament, Identität, die selbst an der Grenze des Tods nicht scheitert. Was dieser identitätsstiftende Felsenglaube bedeutet kann, drückt folgende Geschichte aus:

In China gibt es einen gefährlichen Strom. An einer bestimmten Stelle kamen die Schiffe immer wieder zum Kentern und verloren ihre wertvolle Ladung. Fachleute haben die Strömung erforscht und an einer genau berechneten Stelle im Strom einen Felsen aufgestellt. Darauf haben Sie die Worte „Auf mich zu!“ geschrieben. Zunächst sieht es so aus, als ob der Fels nur im Wege steht. Aber jeder Bootsfahrer, der sein Schiff auf den Felsen zu lenkt, kommt heil durch die Strömung und Untiefen hindurch. Der Felsen gibt Orientierung und hilft ihm, die gefährlichen Stellen zu vermeiden.

Identität finde ich im Leben erst, wenn ich definiert habe, wohin ich mit meinem Lebensschiff will. Ist es nicht das Problem vieler Menschen in unserer Luxus- und Überflussgesellschaft, dass sie nicht mehr wissen, wohin mit meinem Leben. Und müßten wir uns nicht als christliche Kirchen und Konfessionen dieser Erde zusammentun und diese schmale Gestalt aus Nazareth wieder in Erinnerung rufen, die mit offenen Armen da steht und Rettung und Erlösung, und müsste nicht der neue Papst sagen: Ich bin nicht allein der Fels, ich tue mich zusammen mit allen Menschen, die guten Glaubens sind: Du Christus bist uns Retter.


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Ein Gedanke zu „Predigt vom 29.06.2025 Peter und Paul

  1. Sehr gute Predigt! Macht einem mal wieder klar, wie privilegiert unsere Situation ist, auch wenn man sich – wie Haberl richtig sagt – für sein Christsein hier des Öfteren rechtfertigen muss (oder darf??).
    Gut finde ich auch, dass der neue Papst vorsichtig bewertet wird…

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