Predigt vom 25.10.2020 – Gottesliebe-Nächstenliebe

2020-10-25_30.So.i.J._ Gottesliebe-Nächstenliebe

Mt 22, 34-40

Liebe Schwestern und Brüder,

hören Sie diesen Text, den Sie in der Hand halten:

„Gottes Reich ist mitten unter uns?

Tatsache ist,

Dass die Kirche in der Gesellschaft nichts mehr zu sagen hat,

Dass unsere Gemeinden erst älter und dann kleiner werden.

Ich glaube nicht,

dass sich das Blatt noch wenden wird.

Die Wahrheit ist:

Die Kirche in Deutschland steht kurz vor dem Aus.

Ich weigere mich zu glauben,

dass ich als Mitglied meiner Kirche etwas tun kann.

Ich bin überzeugt,

man kann den Lauf der Dinge nicht aufhalten.

Es wäre eine Lüge, würde ich sagen:

Gott kümmert sich um uns“

Wie klingt dieser Text für Sie? Denken Sie, das stimmt? Oder sagen Sie, das ist zu einseitig, zu hart?

Hören Sie den Text jetzt mal von unten gelesen

„Gott kümmert sich um uns.

Es wäre eine Lüge, würde ich sagen:

Man kann den Lauf der Dinge nicht aufhalten.

Ich bin überzeugt,

dass ich als Mitglied meiner Kirche etwas tun kann.

Ich weigere mich zu glauben,

die Kirche in Deutschland steht kurz vor dem Aus.

Die Wahrheit ist:

Dass sich das Blatt noch wenden wird.
ich glaube nicht,

dass unsere Gemeinden erst älter und dann kleiner werden,

dass die Kirche in der Gesellschaft nichts mehr zu sagen hat,

Tatsache ist,

Gottes reich ist mitten unter uns.

Eine ganz andere Aussage desselben Textes, keine negative, eher eine positive. Für mich liegt darin eine Anfrage: Aus welcher Perspektive betrachte ich Menschen, Gemeinschaften von Menschen oder auch die Kirche. Wenn ich sie von oben, also von oben herab sehe, mich nicht als Teil des Ganzen, sondern eher außerhalb sehe, dann bemerke ich nur die Fehler, dann kommen mir jede Menge Kritikpunkte entgegen. Sehe ich aber z.B. dieselbe Gemeinschaft, die Kirche von unten, dann bin ich ein Teil des Ganzen. Dann gibt es die Probleme, das Versagen der Kirche immer noch, aber dann stehe ich nicht zynisch von außen da drüber, sondern ich leide unter ihnen, aber ich bin Optimist, ich glaube an Verwandlung, weil ich die Gewissheit nicht verloren habe, dass Gott immer noch mitten unter uns ist.

Ja, es stimmt, die Kirche ist in einer der schwierigsten Epochen ihrer Geschichte, und ihr größtes Problem ist, dass sie von ihren eigenen Mitgliedern nicht mehr geliebt wird. Aber Liebe ist doch nach dem Evangelium dieses Sonntags ihr eigentlicher Sinn. Einer der größten Theologen des 20. Jahrhunderts, Romano Guardini hat den Satz geprägt: „Die Kirche erwacht in den Seelen der Menschen oder sie bleibt stumm.“ Denn Gott ist nirgendwo anders zu finden als in uns und zwischen uns Menschen, sagt die Reich-Gottes-Botschaft des Mannes aus Nazareth.

In dieser Woche wurde der berühmteste Film des Charly Chaplin 80 Jahre alt, der große Diktator, 1940 erschienen. In diesem Film kommt es zu einer Rollenverwechslung. Plötzlich findet sich der kleine Tramp in der Rolle des Diktators Hitler wieder. Nach dem Einmarsch in Österreich muss er eine Rede halten, die er so beginnt: „Es tut mir leid, ich möchte nun mal kein Herrscher der Welt sein, ich möchte die Welt nicht erobern, nicht mal einen Menschen will ich erobern. Im 17. Kapitel des Lukasevangeliums heißt es: „Gott wohnt in jedem Menschen…“ Also nicht nur in den Deutschen, sondern auch in den Juden, den Heiden, den Farbigen…“ Und darum möchte ich jeden Menschen lieben und ihm helfen zu leben.

Müssen wir uns diese Botschaft von dem berühmtesten Schauspieler der Welt sagen lassen. Im Doppelgebot der Liebe heben sich alle Unterschiede auf:

Es gibt nicht mehr Farbige und Weiße, sondern nur noch Menschen,

nicht mehr Juden, Muslime oder Christen, nur  noch Menschen,

nicht mehr Reiche und Arme, nur noch Menschen

nicht mehr Große und Kleine, Erfolgreiche und Erfolglose, sondern nur noch Menschen,

nicht mehr Schlaue und Dumme, Einsame und gemeinsame, nur noch Menschen,

oder wie es der Papst in der neuesten Enzyklika sagt: Nur noch Geschwister, weltweit.

Liebe Mitchristen, rechnen wir damit: das Reich Gottes ist mitten unter uns, d.h. Gott wohnt in jedem Menschen, also auch in Ihnen, und die Kirche will auch in Ihnen erwachen. Amen.

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