Predigt vom 18.09.2022 – Kreuzerhöhung

2022-09-18-Kreuzerhöhung

Predigt zum Fest Kreuzerhöhung Klus Eddesen bei Borgholz

Berg der Kreuze in Litauen – Joh, 3,13-17

Liebe Schwestern und Brüder,

dass man die Sehnsucht nach Himmel, Horizont, Weite, nach Ewigkeit und Gott nicht einfach wegbaggern, wegbulldozern oder mit der Artillerie wegschießen kann, dafür steht der sog. Berg der Kreuze in Litauen, ein Hügel mit Tausenden und Abertausenden von Kreuzen. Wahrscheinlich schon im 19. Jahrhundert hatten in den polnisch-baltisch-russischen Kriegen Menschen, die nicht wussten, wo die Gräber ihrer gefallenen Angehörigen waren, auf einem bestimmten Hügel für sie Gedächtnis-kreuze aufgestellt. Große Bedeutung erfuhr dieser Berg der Kreuze während der Sowjetzeit, als Stalin von 1945 bis 1953 über 100.000 litauische Bürger in Straflager nach Sibirien deportieren ließ. Als nach der Stalinzeit, überlebende Häftlinge zurückkamen, stellten sie für ihre Kameraden, die nicht überlebt hatten, auf dem Berg der Kreuze Gedenkkreuze auf. Viele andere litauische Bürger schlossen sich mit eigenen Gedenkkreuzen an, so dass da plötzlich der ganze Hügel von Kreuzen übersät war.

Das war in den 60-er Jahren der Sowjetregierung ein Dorn im Auge, so dass sie Bulldozer anfahren ließen, die all die Kreuze wegräumten und vernichteten. Aber es dauerte wenige Tage, da waren über Nacht wieder viele Kreuze aufgestellt. Dieses Spiel wiederholte sich mehrmals. Die Menschen wollten einfach ihre Erinnerung und ihre Hoffnung auf Himmel nicht wegbulldozern lassen.

Ein Gemeindereferent aus dem hiesigen Pastoralverbund hat familiäre Verbindungen nach Litauen und hat die Idee vom Berg der Kreuze mit hier zur Klus Eddesen gebracht. Seitdem gibt es hinter der Klause und der Kapelle hier einen Hügel der Kreuze. Wer vielleicht nicht weiß, wohin er mit dem geerbten Kreuz seiner Eltern oder Großeltern soll, ist eingeladen, es hier aufzustellen. Manche Kreuze stehen auch für bestimmte Anliegen oder Sorgen. Ich finde das eine schöne Idee, dass es hier einen solchen Hügel gibt.

Der in Bad Driburg-Alhausen geborene Heimatdichter von Dreizehnlinden Friedrich Wilhelm Weber hat die Verse gedichtet:

Und lieg ich längst schon unter Friedhofslinden,

dies sollst du bewahren im Gedächtnis

als meiner Liebe heiligstes Vermächtnis,

es ist kein Heil als nur im Kreuz zu finden.

Dabei geht es nicht um den materiellen Gegenstand aus Holz, Metall oder Stein, sondern um den, auf den dadurch hingewiesen wird, auf

Jesus Christus, durch den Gott alle Leidenswege unseres Lebens selbst gegangen ist und über den der Evangelist Johannes deswegen sagen kann: Gott hat seinen Sohn nicht in die Welt gesandt, damit er die Welt richtet, sondern dass die Welt durch ihn gerettet wird. Jedes Kreuz steht also für Rettung, Erlösung. Das haben Litauer erfahren und Gott helfe, dass es so bleibt und Putin nicht noch weiter auf den Spuren Stalins wandelt und wie der in Litauen oder andere Länder einfällt.

 

Rettung haben auch unzählige Menschen im Laufe der Jahrhunderte hier in der Klus Eddesen erfahren. Vielleicht durch ein stilles Gebet, einen Gottesdienst oder das Gespräch mit Pater Urbaldus und anderen Klausnern. Es mag ihnen gegangen sein wie jener Frau, die ich einmal beim Kreuzbund traf. Kreuzbund ist ein Rettungsbund für Suchtkranke, Alkoholiker. Ich hatte dort einen Vortrag zum Thema „Hilft Gott gegen Sucht?“

 

Diese Menschen der anonymen Alkoholiker wußten, wie schnell es geht, dass Suche zur Sucht wird, die Suche nach Menschlichkeit, nach Wärme, Zuwendung und Sinn im Leben.  Ihr Leben war in weiten Phasen wirklich auf den Hund gekommen. So viele Abstürze, Rückschläge, Delirien, Verluste von Renomee und Ansehen, verächtliche Blicke der Umwelt. Ein Leben am ständigen Abgrund.

Hilft Gott wirklich gegen Sucht? Ich stellte diese Frage in den Raum.

Langes Schweigen der Teilnehmenden.

Dann meldete sich eine Frau und sagte: „Ich habe 30 Jahre lang ein erbärmliches Leben an der Seite meines alkoholkranken Mannes geführt. Dieses Leben war unberechenbar und oft unerträglich. Verzweif-lung immer wieder Verzweiflung. Das einzige, was mich da getragen hat, war mein Glaube, den ich von meinen Eltern gelernt habe. Trost fand ich, wenn ich manchmal zu einer kleinen Kapelle in der Nähe unseres damaligen Wohnorts ging, dort allein hemmungslos weinen und beten konnte. Die Frau hatte ihn gefunden, den Grund unter dem Abgrund, den Funken Gottes im Nebel des Alkohols, der gekommen ist, damit Menschen durch ihn gerettet werden.

Ich bin mir sicher: Wenn die Wände hier sprechen könnten, sie würden uns ganz ähnliche Geschichten erzählen.

Das Symbol des Kreuzes sagt: Es gibt unter jedem Abgrund einen Grund, selbst unter dem Abgrund des Todes, weil unser Gott ihn selbst durchlebt hat. Davon zeugen der Ölberg, der Berg Golgotha, der Berg der Kreue in Litauen und der kleine Kreuzhügel in der Klus Eddessen.


2022-09-14-Kereuzerhöhung Klus Eddesen als pdf

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