Predigt vom 14.04.2022 Gründonnerstag Fusswaschung

Fusswaschung

Joh 13,1-2

Liebe Schwestern und Brüder,

in der letzten Woche hatte ich von Montag bis Freitag im Bergkloster Bestwig ein Seminar, in dem wir Mitarbeitende in stationären Hospizen und in ambulanten Hospizdiensten in Seelsorge ausbilden. In einer Seminararbeit ging es um Rituale am Sterbebett. Eine Mitarbeiterin erzählte, dass sie eines Morgens in das Zimmer eines Gastes, eines alten Mannes kam. Dieser bat sie, ihm die Füße zu massieren und ihm ein Fussbad zu machen. Die Mitarbeiterin folgte diesem Wunsch und massierte ganz langsam und vorsichtig die Füsse und wusch sie. Sie erzählte, wie dabei in ihr selbst eine bisher nicht gekannte Ruhe und Innigkeit aufstieg. Als sie wenige Stunden später wieder in das Zimmer kam, war der Mann gestorben.

Wir haben in diesem Seminar darüber nachgedacht, warum dieser Mann diesen Wunsch hatte. In einer Phase der Stille und mit einer Phantasiereise haben wir versucht, uns in diesen Mann hineinzuversetzen. Im Austausch der Gedanken, vermutete eine Teilnehmerin: Der Mann hat tief in seinem Unterbewusstsein geahnt, dass sein Tod unmittelbar bevorstand, und er wollte, symbolisch gesprochen, mit sauberen und vorbereiten Füßen den Weg ins Paradies antreten. Vielleicht sind die Füße auch Symbol für die reine Seele, dass also aller Schmutz, all die ungelösten Probleme und Konflikte abfallen und vergeben sind.

Im Evangelium des Gründonnerstag wäscht Jesus wenige Stunden vor seinem Tod die Füße. Manche fragen sich: Warum wäscht er ihnen nicht den Kopf? Vielleicht will er ihnen auch sagen: Ich gehe jetzt ins Paradies und schaffe de Voraussetzung, dass ihr mit freien Herzen diesen Weg auch antreten könnt. Er bückt sich, macht sich klein vor ihnen, damit sie groß sind. Er schenkt ihnen eine Würde, die unzerstörbar, für ewig bestimmt ist.

Wenn ich dieses Evangelium lese und gleichzeitig die Bilder aus Butcha und den anderen Orten des Grauens aus der Ukraine sehe, wo Menschen gefoltert, mit gefesselten Händen in voller Kleidung mit Schuhen an den Füße in Massengräber geworfen wurden, dann verstehe ich nicht mehr, warum Menschen so böse sein könne, dass sie wehrlose Menschen selbst noch im Tod total entwürdigen.

Wenn wir unsere Verstorbenen waschen, sie ehrfurchtsvoll mit ihren Lieblingskleidern ankleiden und sie würdevoll bestatten, dann liegt darin die Aussage: Du trägst jetzt ein Festgewand, du bist von oben bis unten rein,  weil du eingeladen bist zum ewigen Abendmahl, zum Festmahl Gottes für ewig.


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