2019-09-08_23.So.i.J. – Wangari Maathei Vom Pflanzen und Weitergeben
Liebe Schwestern und Brüder,
Es sind in diesen Septembertagen 8 Jahre her, dass im Jahre 2011 eine der größten Frauen unserer Zeit gestorben ist, die erste afrikanische Frau, die 2004 den Friedensnobelpreis bekam. Wangari Maathei aus Kenia. Sie hat sich in unglaublicher Weise eingesetzt für die Frauen in Afrika, die in weiten Teilen von ihren Männern wie Sklaven gehalten werden, die unter Beschneidungen und an deren grausamen Ritualen zu leiden haben. Weil sie mutig dagegen anging, hat sie Jahre ihres Lebens im Gefängnis verbracht, oft unter schwerer Folter. Aber nicht darum bekam sie den Nobelpreis, sondern weil sie erkannt hat, dass Frauenrechte, Menschenrechte und Umweltrechte zusammenhängen. Mit Tausenden von Frauen hat sie die Green Belt Movement, die Grüngürtel-Bewegung Afrikas gegründet. Weil diese Bewegung schon bis 2004 45 Millionen Bäume gepflanzt hat, trägt Wangari Maathei den Ehrentitel „Mutter der Bäume“. In Ihrer Rede zur Preisverleihung sagte sie:
„Die Aufgabe einer jeden Generation des Menschen ist zu pflanzen. Ich lebe heute von dem, was meine Eltern, Großeltern, alle meine Vorfahren gepflanzt haben. Was mich betrifft, so werde ich nie aufhören, Bäume zu pflanzen und ich werde versuchen, die Liebe zu pflanzen in die Herzen der Kinder und der Menschen unseres so armen Kontinents.“
Die Frauengemeinschaft feiert 85 Jahre ihres Bestehens. Als das Bäumchen KFD Siddinghausen gepflanzt wurde, 1934, regierten die Nazis. Eine Wangari Maathei wäre da auch im Gefängnis gelandet. Denn das Hauptideal der Frau in jener Zeit war nur die Mutterrolle. Wer dem Führer möglichst viele Kinder schenkte, vor allem Jungen als Krieger, bekam das Mutterkreuz. In dieser Zeit, da alle katholischen Verbände aufgelöst wurden, eine kirchliche Mütter- und Frauenbewegung zu gründen, war mutig.
In diesen 85 Jahren hat die Frauengemeinschaft für das Dorf und die Gemeinde eine hohe Bedeutung erlangt. Sie hat gepflanzt: Gemeinschaft gepflanzt, viele neue mutige Ideen gesät. Sie hat die Liturgie durch Tänze, Rhythmen, Musik belebt in dieser Gemeinde, und immer wieder Kontakte und Vernetzungen geschaffen, Besuche von Haus zu Haus, von Mensch zu Mensch. In der Theatergruppe hat man nicht nur Freude beim Karneval vermittelt, sondern auch wichtige Frauenbotschaften.
Ich war 1985 schon dabei beim 50-jährigen Jubiläum der Frauengemeinschaft. Da stellte die Theatergruppe bedeutende Frauen der Geschichte dar, von Elisabeth von Thüringen, über Marie Curie, Elsa Brandström bis zu Mutter Teresa, unter anderem auch die Reformpädagogin Maria Montessouri. Der Grundsatz der Montessouripädagogik, die heute nicht mehr wegzudenken ist aus unseren Kindergärten und Schulen, sagt, dass ein Mensch sich nicht entwickeln kann durch Moralpredigt und gnadenlose Vorschriften, sondern immer in Bezogenheit auf seine unmittelbar ihn umgebende Umwelt. Allein durch positiv erlebte Gemeinschaft wird ein Mensch lebensfroher, mitteilungsfreudiger, rücksichtsvoller. Den christlichen Kirchen hat Maria Montessori ins Stammbuch geschrieben, sie sollten die Mensch nicht länger quälen durch Langeweile, sondern sie kreativ am Gottesgeschehen beteiligen, es gäbe in jedem Menschen ein natürliches Streben nach Gott gibt. Wie ein Baum, eine Pflanze nur in einem guten sauberen Klima sich entfalten kann, so braucht auch der Mensch ein gute Klima, menschliche Wärme, Zuwendung und Identitätsbildung.
Das genau hat die Frauengemeinschaft hier vor Ort gelebt. Dafür danke.
Ich will aber auch nicht verschweigen, dass es heute schwieriger ist denn je, ein solchen Verband aufrecht zu erhalten. Die Stellung der Frau in unserer Gesellschaft hat sich radikal verändert, Gott sei Dank. Die meisten Frauen leben heute ihre Fähigkeiten und Fertigkeiten, die ihnen über die Mutter- und Hausfrauenrolle hinaus gegeben ist, in einem Beruf. Das macht ehrenamtliche Arbeit immer schwieriger. Es bleibt einfach weniger Zeit. Darum ist dieses Jubiläum auch ein Tag der Werbung für die Zukunft. Wir brauchen mehr Ehrenamtliche. Helfen sie mit, dass die 85-jährig gepflanzte Tradition auch in die Zukunft wächst, dass die großen Frauenideale der Maria Magdalena, aber auch von Wangari Maathei oder Maria Montessori immer wieder neues Leben finden.