2025-02-23-7.- So.-i.-J. Lk 6, 27-38 Wahlsonntag 2025
Liebe Schwestern und Brüder,
was ist das für ein Satz im heutigen Evangelium: „Segnet, die euch verfluchen, betet für die, die euch beschimpfen.“
Davon war in den letzten Wochen unendlich viel in diesem Land zu spüren: Von Beschimpfung, Verfluchung, Hass und Gehässigkeit.
Diese Zeit, da u.a. von der Regierung in Amerika so viel Hass und Demütigung ausgeht, erinnert mich an die Jahre vor der Machtergreifung der Nazis und an eine Frau, die ganz hier in der Nähe geboren wurde, an Elisabeth Freifrau von Spiegel von und zu Peckelsheim. Nach einem bewegten Lebensweg wurde sie 1925 zur Äbtissin von einem der wichtigsten Frauenklöster gewählt, von St. Walburg in Eichstätt. Als Nonne hieß sie Sr. Benedicta von Spiegel. Unter ihrem Schutz hat sich ab 1930 im Kloster ein Freundeskreis gebildet, der vor allem den Nationalsozialismus verhindern wollte. Man hat genau gesehen: Da kommt auf uns ein autokratischer totalitärer Staat zu. Zu diesem Kreis gehörten unter anderem der renommierte Journalist Fritz Gerlich, einst Gründer der heutigen süddeutschen Zeitung, und der Kapuzinerpater Ingbert Naab. Als alle in Deutschland sagten, so schlimm wird es schon nicht werden, gründeten sie die Zeitschrift „Der gerade Weg“, in der sie das Rassenprogramm und die Machenschaften der Nazis gnadenlos anprangerten. Als z.B. Hitler 1932 die ersten großen Wahlerfolge erzielte, da schrieb Pater Ingbert Naab folgenden Leitartikel:
„Herr Hitler, wer hat sie denn gewählt?
Die Masse der Suggerierten. … Sie wollten den Massen einen fremden Willen aufzwingen, sie wollten sie fanatisch und hysterisch machen.
Wer hat sie gewählt?
Die Feiglinge, die ihre Stellungen nicht verlieren wollten…
Die Stellenjäger und zukünftigen Parteibuchbeamten….Eine Masse unreifer junger Menschen..
Wer hat sie gewählt?
Die verrohten Menschen der Bedrohung des Nebenmenschen…Sie wissen doch selbst, wie ständig aus ihren Reihen heraus Andersdenkende niedergeknüppelt werden. …
… Ihre Garden sind in einen solchen Wahn hineingetrieben worden, dass Sie es nicht mehr fertig bringen, sie ruhig zu halten. Was werden Sie tun, Herr Hitler? Versuchen Sie den Leuten Vernunft beizubringen? Oder treiben Sie die Massen weiter in fanatische Hoffnungen hinein?…Treiben Sie Deutschland in die Katastrophe, in den Massenmord? Fürchten Sie nicht, dass die Toten gegen sie aufstehen werden, um Sie in den einsamen Nächten anzuklagen?
Wer hat sie gewählt, Herr Hitler? Die Toten nicht mehr, sie klagen an.“
Was für ein Mut im Sommer 1932. Als im Januar 1933 die Nazis die Macht übernahmen, waren die Freunde von Eichstätt geliefert. Fritz Gerlich wurde fürchterlich misshandelt und in Dachau ermordet, Pater Ingbert auf der Flucht erschossen. Schwester Benedicta überlebte das Dritte Reich, weil ihr Bruder Joseph von Spiegel damals Landrat in Warburg und ein guter Freund von Rudolf Hess, war.
Die Freunde von Eichstätt gingen aus vom Naturrecht, dass also der Mensch vor allem Staat von Natur aus bestimmte Rechte hat wie z.B. das Recht auf Leben, auf freie Lebensgestaltung, auf Würde. Dass in unserem Grundgesetz heute der Satz „Die Würde des Menschen ist unantastbar“ so stark betont wird, ist vor allem den Freunden von Eichstätt zu verdanken.
Segnet, die euch verfluchen, betet für die, die euch beschimpfen. Die Sätze der Feldrede des Lukas und der Bergpredigt des Matthäus bis hin zu dem Höhepunktsatz „Liebet eure Feinde“ sind das Programm für die absolute Gewaltlosigkeit. Aber heißt Gewaltlosigkeit, sich aus allem rauszuhalten, um des sog. lieben Friedens willen immer den Mund zu halten? Ganz im Gegenteil: Die Botschaft von Frieden auf Erden verkündigt auf den Feldern von Bethlehem, richtet sich an die Menschen guten Willens.
Die Freunde von Eichstätt waren gewaltlos. Aber um Deutschland vor der Gewalt zu schützen, konnten sie nicht schweigen. Für uns bedeutet das am Wahlsonntag 2025, nicht nur unsere Stimme an der Wahlurne zu erheben, sondern da wo wir leben, uns einzumischen mit unseren Positionen, in der Familie, an den Stammtischen, bei den Festen, in den Bildungsgruppen hier im Haus, im Restaurant, überall da, wo wir sind. Wissenschaftler sagen, dass der Extremismus so stark geworden ist, liegt auch daran, dass das Ringen um Werte an der Basis nicht mehr geschieht. Jetzt ist nicht nur die Stunde Europas, es ist auch die Stunde jeden einzelnen Christen: Misch dich ein. Zieh dich nicht zurück.