Predigt vom 26.2.2023 – Erster Fastensonntag

2023-02-26_1. Fastensonntag

Hab Fleisch und Brot und leid doch Hungersnot

Mt 4,1-11

„Fasten heißt lernen, genügsam zu sein; sich weigern in Materie zu ersticken, sich von allem Überflüssigen lächelnd zu verabschieden.“ Phil Bosmann

Liebe Schwestern und Brüder!

Jesus sagt es heute so:“ Der Mensch lebt nicht vom Brot allein…“

Also nicht von Käsehäppchen, Lachsfilets, nicht von Gourmetspeisen oder Pommes frites, Currywurst allein, auch nicht allein vom Eigenheim oder dem neuen Modell der A-Klasse. Der Mensch lebt nicht vom Brot allein, er stirbt sogar am Brot allein, ergänzt die Theologin Dorothee Sölle. Er stirbt den fürchterlichen Tod der Beziehungslosigkeit.

Was aber ist der Tod am Brot allein?

Einzutreten in die Hölle der Einsamkeit, pausenlos beschäftigt zu sein, aber glück­liche Tage nicht mehr von unglücklichen unterscheiden zu können, das ist der Tod am Brot allein.

Allein sein und dann alleingelassen werden wollen;

keine Freunde haben, und dann den Menschen mißtrauen und sie verachten; Die anderen vergessen und dann vergessen zu werden; Für niemanden da sein und von niemanden gebraucht werden, Um niemanden Angst haben und nicht mehr wollen, dass andere sich um einen Sorgen machen.

Nicht mehr lachen und nicht mehr angelacht werden; Nicht mehr weinen und nicht mehr beweint werden: das alles ist der schreckliche, fürchterliche Tod am Brot allein, der Tod der Beziehungslosigkeit.

 

Da war ein alter Mann. Vor Jahren war seine Frau gestorben. Allein lebte er in dem großen Haus. Einmal haben Kinder ihre Fahrräder an dieses Haus angelehnt. Da ist der Mann herausgestürmt und hat die Kinder schrecklich ausgeschimpft wegen ein paar Kratzer an Außenputz. Als ich ihn fragte, warum er sich denn über eine solche Kleinigkeit so aufrege, antwortete er: „Aber ich hab‘ doch sonst nichts mehr, ich hab‘ doch nur dieses Haus.“ Dieser Mann lebt noch, aber den fürchterlichen Tod der Beziehungslosigkeit, den ist er schon gestorben. Seelsorgerinnen und Seesorger sagen, die größte Krankheit in ihren Gemeinden sei die Einsamkeit.

 

Im Kloster Hardehausen gibt es im Kreuzgang ein Eckmänneken mit der vor 250 Jahren eingemeißelten Inschrift: “Hab Fleisch und Brot und leid doch Hungersnot.” Unzählige Male haben wir mit Schulklassen, Kinder-, Jugend-, Familiengruppen vor dieser Inschrift gestanden und die Menschen gefragt: Was sagt euch dieser Satz? Ja, Fleisch und Brot , Hamburger und Steaks, Chips und Marzipan, Cheesburger, Pizza, Snaks, alles ist da in Hülle und Fülle und doch nie genug, um in der Seele glücklich zu machen…..

 

Wenn wir im Leben in eine Krise geraten, etwa den Tod eines Menschen erfahren müssen, oder beruflich scheitern oder in einer Liebe, wenn wir also an einen toten Punkt kommen im Leben, dann stellt sich am ehesten die Frage: “Warum lebe ich eigentlich? Wovon lebe ich?”

Die Theologin Dorothe Sölle sagt einmal: “Ich kenne Menschen, die leben nur, um zu essen, andere, nur, um ein großes Auto oder ein geräumiges Haus zu haben;  es gibt Menschen, die leben, um ganz viel Geld zu haben…. Ich finde eine große Verachtung darin, ganze Monate, Jahre seines Lebens so zu verbringen, daß einzig und allein die polit-ökonomischen Bedingungen stimmen. — Aber so ist das eben, wenn der Glaube und auch die Liebe an den toten Punkt gekommen sind.

„Hab Fleisch und Brot und leid doch Hungersnot.“ Den Hunger nach Beziehungen zu wecken und dann ernst zu nehmen, darum geht es in diesem Leben, also den Hunger  nach einem Sinn im Leben, die Langeweile, die Leere zu überwinden, Hunger nach dem Licht, nach den Sternen, nach Gott. Wie kann man diesen Hunger wecken und stillen.

 

Wenn Sie, die Gastgruppe hier im Haus, ihr Seminar nennen „Die wunderbare der Welt der Amphibien“, dann geht es doch darum, zu staunen über die Wunder des Lebens, die es immer noch gibt, und die es zu erhalten gilt. Staunen zu können ist bekanntlich der Anfang der Philosophie, aber auch der Anfang des Glaubens. Denn das Wesentliche des Lebens ist Geheimnis, ist Wunder und darum staunenswert. Davon lebt der Mensch, meint das heutige Evangelium, vom Wort aus dem Munde Gottes, vom Geheimnis des Lebens.

Wenn das der Tod ist, an Materie allein und an Beziehungslosigkeit zu ersticken, dann ist Glück, verbunden zu sein mit Menschen, mit der Schöpfung mit Gott. Aristoteles sagt: Das Glück des Menschen ist ein Leben in Verflochtenheit, in Beziehung also. Glück in der antiken griechischen Sprache heißt „eudaimonia“. Wörtlich übersetzt bedeutet   dieser Begriff „mit einem guten Geist verbunden.“ Glücklich sind wir Menschen also dann  zu nennen, wenn wir es gut mit uns und mit anderen meinen, wenn wir also im guten Geist miteinander und mit allem Leben verbunden bleiben.

 

Wäre das denn für die kommenden sieben Wochen der Fastenzeit ein guter Auftrag, sich zu überlegen, von welchem Überflüssigen könnte ich mich lächelnd verabschieden und mit welchen Menschen und Lebewesen könnte ich es gut meinen? Amen

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