Predigt vom 4.2.2024 – Wage zu leben

2024-02-04 5. Sonntag i. J.

Wage zu leben, wage das zu leben, was in dir ist und du nicht kennst.

Liebe Schwestern und Brüder,

morgens um 7.50 Uhr, am 7. August 1974, geriet die New Yorker Polizei in Entsetzen und die Bevölkerung von Manhatten ins Staunen, als sie zum Himmel blickten. Da sahen sie einen Artisten in 417 Metern Höhe zwischen den Zwillingstürmen des World-Trade-Centers auf einem Drahtseil hin- und hergehen. Philipp Petit hieß der Mann, der da ohne Netz und doppelten Boden in der höchsten Höhe über ein Seil balancierte, die je ein Artist bewältigt hatte. Heimlich und von den Wachmannschaften unentdeckt hatten zwei Teams des Philipp Petit in der Nacht das Drahtseil und all die Vorrichtungen, die sie brauchten, in den Fahrstühlen nach oben geschafft. Im Morgengrauen schossen sie das Seil von einem Turm zum anderen, und Philipp konnte darüber balancieren. Als er wieder unten war, wurde er sofort verhaftet und von den Polizisten zur Rede gestellt, warum er ein solch riskantes Unternehmen gestartet habe. Seelenruhig antwortete der Seiltänzer: 

„Wenn ich drei Apfelsinen sehe, dann muss ich jonglieren. Und wenn ich zwei Türme sehe, dann muss ich über ein Seil hin- und hergehen.“ Weiterlesen

Wegweisertage zu Etty Hillesum

vom 30. Oktober bis 1. November 2024 auf der HEGGE:
WERDE, DIE/DER DU BIST

Etty HillesumMenschwerdung nach dem Vorbild
der Etty Hillesum
Unter den extremen Bedingungen der sich
anbahnenden Vernichtung schreibt die hol-
ländische Jüdin Etty Hillesum von 1941-1943
ihre Gefühle, Gedanken, Begegnungen mit
Gott und Menschen in Tagebücher und Briefe,
die in hoher Intensität vermitteln, was
Menschwerdung bedeutet. In unserer heute
so vibrierenden, oft richtungslosen Zeit kann
diese junge Frau, die mit 29 Jahren in
Auschwitz ums Leben kam, Orientierung für
menschliche Reifung in kürzester Zeit geben.
Auf folgenden Nenner könnte man viele ihrer
Aufzeichnungen bringen: „Sooft bin ich zornig, ärgerlich, wütend, aufgebracht über kleinlichste Kränkung und finde doch wieder
den Weg zur Gelassenheit, Ausgleich, Geduld und Güte… Liegt das vielleicht daran, dass das Innerste und Tiefste in mir Gott ist?“ Weiterlesen

Predigt vom 21.1.2024 – Wofür lebe ich ?

2024-01-21_3._ Sonntag_i._J._Wofür lebe ich?

Liebe Schwestern und Brüder,

Ruth Pfau, die 2017 im Alter von 88 Jahren verstorben ist, war eine deutsche Ordensschwester und Lepraärztin, die im hohen Maße dazu beigetragen hat, dass Lepra heute weitgehend unter Kontrolle ist. In Pakistan erhielt sie den Titel einer Nationalheldin, weil sie dort mit ihrem Team das Lepra-Problem bekämpft und nahezu beseitigt hat.
In einem Interview im deutschen Fernsehen wurde Ruth Pfau einmal gefragt: Wie sind Sie zu dieser Arbeit gekommen? Da hat sie erzählt, dass sie als junge Medizinstudentin in den 50-er Jahren diese Riesen- 20-Millionenstadt Karatschi in Pakistan besucht hat. Sie ging durch die Stadt und sah in elenden Slumgebieten zumeist unter freiem Himmel zahlreiche Leprakranken oft qualvoll sterben. Und sie sagte: Da hat es bei mir Klick gemacht und es schoss mir plötzlich durch den Kopf der Satz: „Dafür hat er mich also gemacht.“ Die Reporterin fragte: „Wer hat sie wofür gemacht?“ Ruth Pfau antwortete: „Na Gott, dafür hat er mich in die Welt geschickt, dass ich mich als Ärztin um diese Menschen kümmere.“
Ruth Pfau beschreibt hier, wie sie zur Menschenfischerin wurde, im Namen Gottes Menschen von der Straße zu fischen, zu holen, um ihnen ein Zuhause, Heilung zu geben. Weiterlesen