2017-12-10 _2._ Advent
Schrifttext: Mk 1,1-8
Du musst deine Leben ändern
Liebe Schwestern und Brüder,
Du mußt Dein Leben ändern! Das ist der Ruf des Johannes am 2.
Advent! Du mußt Dein Leben ändern! So hallt es aber auch durch die
Medienlandschaft unserer Zeit. Der Hausarzt empfiehlt mehr Sport.
Gesundheitsapostel fordern den Veggie-Tag , mehr Gemüse und Obst in
Kindergärten und Schulen. Ökopropheten raten, auf Kalorienbomben wie
Dominosteine, Marzipanformate, leckere Kaffeekapseln Espresso zu
verzichten. Warentester vermiesen die Freude an quietschbunten
Spielwaren und Weichmachern. Kinder esst mehr Bio-Eis, weniger
Gummibärchen. Der Papst will das Smartphone auf dem Petersplatz
verbieten. Klimaexperten verlangen die Reduzierung der Feinstaubbelastung: Fahr mehr Fahrrad, weniger Auto. Und Johannes der Täufer
meint, ändert euer Leben, das heiße auch, mehr an Gott und die
Endlichkeit des Lebens zu denken.
Ändert euer Leben! Eine unglaubliche Predigerei und Moralisiererei ist
da unterwegs. Das Problem ist nur: Die meisten interessiert das gar
nicht.
Sie gehen weiterhin einkaufen beim Billigdiscounter, brechen eine
Diät nach der anderen, die Geländelimousinen sind viel zu angenehm,
um auf den Spritverbrauch zu achten und Sport treiben kann ich ja
morgen auch noch und Marzipan esse ich ja sowieso nur im Dezember.
Und an die Grenze des Lebens und an Gott zu denken, das kann ich ja
auch noch, wenn ich über 80 bin.
Warum nutzt der ganze Druck nichts? Warum läuft die Moral ins Leere?
Weder Appelle, noch rationale Argumente ändern was. Alle wissen
heute, dass unsere derzeitige Lebensweise irreparable Schäden für
Klima und Umwelt hervorruft. Warum wird dieses Wissen nicht zur
Erkenntnis, etwas zu ändern. Psychologen sagen, dass Menschen erst
dann etwas ändern, wenn sie im Tiefsten ihrer Seele getroffen sind. Ich
nenne ein harmloses Beispiel. Als ich jung war, war das größte Problem
vieler Eltern die langen Haare ihrer Kinder. Was haben meine Eltern
damals Druck gemacht auf meinen jüngsten Bruder, sich doch endlich
die Haare schneiden zu lassen. Je mehr Druck, desto länger wurden die
Haare. Da öffnete eines Tages dieser Bruder einem fremden Besucher
die Haustür und der sagte zu ihm: Guten Tag Fräulein Auffenberg, kann
mal ihren Vater sprechen. Für ein Mädchen gehalten zu werden, das
ging für einen sechzehnjährigen gar nicht. Drei Tage später waren die
Haare ab. Meine Eltern wissen bis heute nicht warum?
Nur von innerer Betroffenheit heraus änderst Du dein Leben. Ich nenne
ein anderes viel wichtigeres Beispiel.
Tomas Middelhoff, einer der absoluten Topmanager Deutschlands , hat
das Vermögen von Bertelsmann in vier Jahren versechsfacht. Dann ist
er tief gefallen mit den Konkursen von Karstadt/Quelle/ Arcandor.
Steuerhinterziehung. Er wurde noch im Gerichtssaal verhaftet, kam in
Bielefeld ins Gefängnis. Im November wurde er entlassen. Die letzten
Monate im Gefängnis hat er als Freigänger und Aushilfskraft in einem
Behindertenheim in Bethel verbracht. In einem Interview sagte er
kürzlich: Mein Leben bestand nur noch aus Gier. Es ging gar nicht mehr
darum, Arbeitsplätze zu sichern, Unternehmen für die Zukunft zu retten,
sondern nur noch um die Gier nach immer mehr Geld und Kapital. Dass
das nicht richtig sein konnte, wusste er auch als Topmanager. Aber das
Wissen wurde erst in Bethel bei den Behinderten zur Erkenntnis.
Wörtlich beschreibt er diese Erfahrung so: „Wenn ich einem Behinderten
das Essen reichte oder ihn beim Toilettengang begleitete, mit ihm spielte
und Cettcar fuhr, dann bekam ich dafür mehr Dankbarkeit als früher,
wenn ich als Manager einem Milliardär das Vermögen vergrößert hatte.“
Er sagte: Ich bin gläubiger Katholik: Ich frage mich, was will Gott mir mit
diesem Absturz sagen? – Der Mensch lebt nicht vom Geld allein sondern
vor allem von einem Dankeswort, das aus dem Mund eines behinderten
Kindes kommt. Dieses Wort kommt von innen, tief aus dem Herzen, und
darum ist es das Wort Gottes.
Wenn wir unser Leben ändern wollen, dann geht das von innen heraus.
Denn unsere innere Stimme ist die Stimme Gottes. Darum ist die
zentrale Frage unseres Lebens: Was will uns Gott mit einer bestimmten
Lebenserfahrung sagen? Mit einem finanziellen Einbruch, mit einer
Krankheit, einer Gebrechlichkeit. Da erzählt mir eine Mutter, dass durch
die schwere Krankheit eines Kindes die ganze Familie stärker
zusammengerückt ist und seitdem viel mehr Gemeinsamkeit lebt.
Einmal kam mir auf dem Flur eines Altenheims ein hochbetagter Mann
entgegen, der sich gerade noch an seinem Rollator festhielt. Er schaute
mich mit einem verschmitzten Lächeln an und sagte: „Wissen Sie was,
vor 30 Jahren bin ich noch Porsche gefahren, jetzt fahre ich Rollator.“
Auf meine Nachfrage, ob er das bedauerte, antwortet er: „Ach nein, jede
Lebensphase hat ihre Zeit. Heute genieße ich viel mehr ein freundliches
Lächeln, ein gutes Wort, die Sonne, die manchmal in mein Zimmer
scheint. Dafür hatte ich früher keine Empathie, für die wirklichen Werte.
Ändert euer Leben! Johannes der Täufer sagt: Seht euer Leben aus der
Perspektive Gottes, dann stellt ihr fest, dass die Zeitspanne, die ihr hier
auf Erden zu leben habt, nichts anderes ist als eine einzige Vor-
bereitungszeit auf das eigentliche Leben, die Ewigkeit. Denn vor Gott
sind tausend Jahre wie ein Tag. Amen.