2023-04-23_3._Ostersonntag
Das brennende Herz
Lk 24, 13-35
Liebe Schwestern und Brüder,
bei der Amtseinführung des jetzigen amerikanischen Präsidenten am 20. Jan. 2021 trat eine junge farbige Frau mit einem heißen und brennenden Herzen auf, Amanda Gorman, eine 22-jährige afroamerikanische Poetin. Mit einem Gedicht hat sie an diesem Tag den größten Eindruck hinterlassen. Es ging in dieser ergreifenden Rede darum, dass Amerika und all die anderen Staaten dieser Welt zu Gesellschaften des Herzens werden müssen, also der Barmherzigkeit und des Erbarmens. Sie sagte darin unter anderem:
Mr. President, Bürger Amerikas und der ganzen Welt,
Wenn es Tag wird, fragen wir uns,
wo wir Licht zu finden vermögen,
in diesem niemals endenden Schatten?
Den Verlust, den wir tragen,
ein Meer, das wir durchwaten müssen.
Wir haben dem Bauch der Bestie getrotzt.
Wir haben gelernt, dass Ruhe nicht immer Frieden bedeutet.
Und dass die Normen und Vorstellungen von dem, was gerade ist,
nicht immer Gerechtigkeit sind. (Trumpjahre)
Und doch gehört die Morgendämmerung uns,
noch ehe wir es wussten.
Wir wollen eine Gesellschaft werden, in der ein dünnes, schwarzes Mädchen wie ich, das von Sklaven abstammt und von einer alleinerziehenden Mutter großgezogen wurde, davon träumen kann, Präsidentin zu werden,
Wir legen unsere Waffen nieder, damit wir unsere Arme
nach einander ausstrecken können.
Wir wollen Schaden für keinen und Harmonie für alle.
Lasst die Welt, wenn sonst auch nichts, sagen, dass dies wahr ist:
Dass wir, selbst als wir trauerten, wuchsen
Dass wir, selbst als wir Schmerzen litten, hofften
Dass wir, selbst als wir ermüdeten, es weiter versucht haben
Dass wir für immer verbunden sein werden,
Nicht weil wir nie wieder eine Niederlage erleben werden,
sondern weil wir nie wieder Spaltung säen werden.
Die Heilige Schrift sagt uns, dass wir uns vorstellen sollen,
dass jeder unter seinem eigenen Weinstock und Feigenbaum sitzen soll
und keiner ihnen Angst machen soll.
Das ist urchristliches Gedankengut: Jeder hat sein Recht auf seinen Weinstock, Feigenbaum, auf seine Identität, auf sein Leben, und er hat die Kraft des Wachstums in sich, die Widerstandskraft gegen böse Einflüsse. Aber niemand hat das Recht, ihm dieses Recht auf eigene Identität streitig zu machen. Das geht aber nur, wenn wir die Arme und Hände nach einander ausstrecken.
(Soweit Amanda Gorman)
Bei Amanda Gorman sind es verwundete Hände, gezeichnet von den Jahrhunderten der Sklaverei, von der ständigen Abwertung eines farbigen Mädchens, das für viele Weiße nur eine Niggerhure ist.
Die Auferstehungserzählungen berichten auch davon, dass dieser Jesus seine durch die Folter am Kreuz zerquetschten Hände, sein verwundetes durchstochenes Herz, ausstreckt nach den abgewerteten, unbarmherzig behandelten, traurigen Menschen seiner Zeit. Denn der Gott, an den wir glauben, ist ein verwundeter Gott. Darum hört er all unsere Klagen wie heute die der Emmausjünger, gibt Hoffnung, so dass man zum Schluss sagen kann: Brannte uns nicht Herz, als wir ihm begegneten.
Dass brennende Herz, das für den Frieden, die Gleichwertigkeit aller Menschen, für die Erhaltung der Schöpfung brennende Herz. Nichts hat die Welt heute nötiger! Keine Grenze kann das brennende Herz, das in Gebeten und tätiger Solidarität brennende Herz aufhalten.
Ich hatte so ein Emmauserlebnis von einem brennende Herzen mal vor Jahren in unserer Partnerstation, einem Urwaldhospital, in Ghana an der Westküste Afrikas war. Die Ambulanceschwester des Hopsitals, Sr. Monika, lud mich ein, mit ihr über die Dörfer zu fahren, wo sie die schwerst Kranken versorgen wollte. Ich könnte ja dann denen, die es wollten, die Krankenslbung spenden. Die Kranken lagen zumeist auf dem nackten Lehmboden in ihren Hütten, manchmal im unvorstellbaren Schmutz, notdürftig mit einer oft zerrissenen Decke bedeckt. Hier begegneten wir der 18-jährigen Catherine. Ihr zweijähriges Kind saß sehr bedrückt in einer Ecke der Hütte. Catherine war nur noch Haut und Knochen. Sr. Monika sagte: Sie hat Aids im Endstadium, das Kind auch. Schwester Monika erklärte Catherine, wer ich sei. Da kam sie auf mich zu, begann zu weinen, kniete vor mir nieder und sagte immer nur: „Father bless me, father bless me. Segne mich, father, segne mich.“ Ich segnete sie und sie weinte und brach vor Schwäche auf dem Lehmboden zusammen. Eine Woche später ist sie gestorben. Die Schwestern nahmen sich des Kindes an, das auch bald starb.
Es brannte uns das Herz vor Verzweiflung, nichts tun zu können; aber es war auch ergriffen von dieser Sehnsucht nach Segen; Catherine wollte ihre Hände ausstrecken nach Gott, Amanda nach uns Menschen untereinander;
Beim Segen im Gottesdienst strecken auch wir unsere Arme aus und bitten den verwundeten Gott um Solidarität für die heute verletzten Herzen und Menschen; und Sie als Jäger, Heger und Pfleger strecken oft schon frühmorgens ihre Sehnsucht aus nach der Schönheit und der Liebe der Natur. Auch das ist Segen.
Denn davon bin ich fest überzeugt: Ohne die Verwurzelung in einem ewigen Seinsgrund des Lebens, ohne den Respekt vor dem Leben schaffenden Gott, wird es uns nicht gelingen, das Klima und die Artenvielfalt des Lebens zu retten, das Getreide, das Brot und jegliche Nahrung auf dem Planten zu teilen, die Kriege endlich abzuschaffen und der Abrüstung der Worte im eigenen Gewissen Raum zu geben. Bless me God, segne Gott diese Erde, den wunderschönsten Planeten im Weltall,