Predigt vom 22.11.2020 Christkönig – Die Welt im Argen

2020-11-22._Christkönig

Die Welt liegt im Argen

Liebe Schwestern und Brüder,

Friedrich der Große, König von Preußen, genannt ‚der alte Fritz‘, fragt bei einer Schulinspektion einen Jungen: „Wo liegt Potsdam?“ – „In Preußen, Majestät!“ – „Und Preußen?“ – „In Deutschland, Majestät!“ -“Und Deutschland?“ – „In Europa, Majestät!“ – „Und Europa?“ – „In der Welt, Majestät!“ – „Und die Welt?“ – Der Junge stutzt einen Augenblick und sagt dann: „Die Welt, die Welt liegt im Argen!“

Dieses Jahr 2020 mit seiner Pandemie bestätigt diesen Satz des Schülers. Die Welt liegt im Argen. Das heutige Christkönigsfest beschwört, dass die Welt nur gerettet wird durch Könige, also Regierende, die ihr Amt von unten verstehen, vor allem von den notleidenden Menschen her. Das Gegenteil ist der Fall. Viele Länder werden schlecht geführt, von Populisten, korrupten Politikern, Nazisten, Egoisten, in sich selbst vergafften Laffen, verspießerten Schatten-existenzen. Die Jean D`Arc des Klimawandels, die Schwedin Greta Thunberg, sagte bereits 2018 im Alter von 15 Jahren auf der Klimakonferenz in Kattowitz: „Weil sich viele politische Führer wie Kinder benehmen, müssen wir Kinder jetzt die Verantwortung übernehmen.“ Das größte Kind verteidigt im Augenblick trotzig das Weiße Haus wie ein Vierjähriger seine Sandburg im Sandkasten. Andere schauen gelassen der Ausbreitung der Epedemie, verbreiten Verschwörungstheroien. Hauptsache mir geht es gut. Ist doch egal, wieviele Menschen sterben.

Egal ist auch, ob die Regenwälder abgeholzt werden, die Pole schmelzen. Hauptsache mein Profit stimmt. Da können wir die Führer dieser Welt durchgehen, von Brasilien, Venezuela, Ungarn, Polen, Türkei, Russland, China. Sie benehmen sich wie Kinder. Ich will mein Räppelchen behalten, Teilen kommt gar nicht in Frage. Und das in einer Zeit, da die Menschheit – gegeißelt durch eine Pandemie – dringend zusammenfinden müsste. Ich bin froh, dass wir in unserem Land eine solide Kanzlerin haben, völlig uneitel, und dass da ein großes Ringen ist um die richtigen Wege.

Die Welt liegt im Argen. Ich weiß nicht, ob diese Anekdote historisch ist, Zumindest ist sie aber eine Kritik an dem Preußenkönig Friedrich, der im 18. Jahrhundert unendlich viele Kriege geführt mit zig-Tausenden von Toten, hingemetzelt auf Schlachtfeldern, zumeist ohne Wund- und Krankenversorgung qualvoll verreckt und an Ort und Stelle verwest. Hinzukamen Hunderttausende von Menschen, die in ihren Dörfern die Ernten an die Armeen verloren, die hungerten, auch unter Epedemien starben. Ja, König, die Welt liegt im Argen, auch weil Du so machtgierig bist.

Im ARD-Fernsehen wird in etlichen Sendungen im Augenblick die Frage gestellt: Wie sollen wir leben? Die Pandemie macht überdeutlich, dass es so nicht mehr weitergeht, dass sich etwas ändern muss. Das Evangelium dieses Sonntags beschreibt einen eindeutigen Weg: Vom Profit, von der Gier nach Geld und Macht hin zu Empathie und Achtsamkeit. Was Achtsamkeit und Empathie bedeuten habe ich eindrucksvoll in einem kleinen Film über die schwedische Klimaaktivistin

gesehen. Da spricht sie weinend ein paar Sätze für ihr Tagebuch in ein Smartphone. Sie sagt unter Tränen: „Ich will das alles nicht mehr tun müssen. Es ist zu viel für mich. Ich bin so jung. Ich bin überfordert mit all diesen Demos, den Vorträgen, den Interviews. Aber ich darf nicht aufhören. Es steht zu viel auf dem Spiel. Die große Gefährdung unseres Klimas geht mich nicht mehr aus dem Kopf.“ Das sind fast prophetische Worte, die mich an Jeremia erinnern, der zu Gott sagt: Ich will nicht mehr. Ich kann nicht mehr, dem Volk die Wahrheit sagen, ich will es einfach nicht mehr, dass sie aufhören sollen mit ihrer Prasserei, weil sie sonst alles zugrunde richten. Und leise hört der Prophet die Stimme Gottes: Wenn Du es nicht sagst, wer soll es dann sagen?

 

Die Welt liegt im Argen. Es geht mir nicht mehr aus dem Kopf. Haben wir Ideale, die uns nicht mehr aus dem Kopf gehen in diesen so anderen Zeiten? Das Evangelium zeigt einen Weg: Schaut achtsam auf die Menschen, guckt wie es denen geht. Da liegen im Augenblick Menschen im Krankenhaus, weitgehend isoliert von ihren Angehörigen. Wenn man ihnen den Angehörigen und den Kranken signalisiert: Ich nehme das wahr, ich denk an dich, vielleicht auch ich bete für dich, dann entsteht so eine Form von geistiger Solidarität, die auch durch Mauern geht.

Das Christkönigsfest und diese Pandemiezeit fordern uns z.B. zum Perspektivwechsel auf. Von oben nach unten. Vorbild dieser Woche ist uns dafür Elisabeth von Thüringen, die vor 800 Jahre gelebt hat. Sie konnte es nicht mehr ertragen, ins Saus und Braus zu leben, während in den Slums von Eisenach die Menschen zu tausenden starben, sich ernährten von Ratten und Katzen, ohne jeden Gesundheitsschutz rasenden Epidemien erlagen. Es ging ihr nicht mehr aus dem Kopf. Ihr Schlüsselerlebnis war ein Traum, in dem sie ein Kind sah, völlig verhungert und abgemagert, sie mit Greisenaugen anstarrend. Plötzlich schaute aus diesen Augen Christus. Da verstand sie, Christus finde ich nicht im Prunk der Paläste und Kirchen. Er hatte gesagt: ich war hungrig, durstig, im Gefängnis….

Die Welt liegt im Argen…Rücken wir näher zusammen.


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