Predigt vom 2.8.2020 Ergriffen sein

2020_08_02_18._So._i._J.

Ergriffen sein von Gott

Mt 14,13-21

Liebe Schwestern und Brüder,

Vor fast genau 76 Jahren, am 31. Juli 1944, wurde durch einen deutschen Piloten in einem  Düsenjäger der französische Fliegerdichter Antoine de Saint Exupèry vom Himmel geholt, gestorben mit 44 Jahren. Exupery hat das nach der Bibel meist gedruckte Buch der Literaturgeschichte geschrieben, das Buch vom „Kleinen Prinzen“. Die  zentrale Botschaft dieses Buches: „Man sieht nur mit dem Herzen gut.“ In seinen anderen Büchern wie „Wind, Sand und Sterne“ oder die „Stadt in der Wüste“ kommt ein großes religiöses Ringen zum Ausdruck.

Die Religion muss die Menschen ergreifen, sie darf sie nicht unterwerfen. So lautet das Credo von Saint Exupèry. Für Exupèry ereignet sich Gott mitten im Herzen eines Menschen. Denn Gott ist die Liebe. Als solcher ist er das notwendige Bindemittel zwischen den Menschen. Darum sagt Exupèry von den Männern und Frauen, mit denen er auf seinen Flugreisen in der Wüste unterwegs ist: „Sie stehen des Abends an der Theke. Sie hätten einen Gott so bitter nötig. Denn ihre Gespräche drehen sich auch nach dem fünften Glas Bier immer nur um Sex, Urlaub, Kleidung und Geldverdienen. Sie reden von Robotern und leben selber wie die Roboter. Man kann doch nicht mehr leben nur von Eisschränken, Radio, Politik, Börsen und Kreuzworträtseln, man kann es doch nicht  mehr.

Heute müsste man sagen: Man kann doch nicht mehr nur leben von Smartphone, Tablets, Microsoft, Apple, Computern, Fernsehfilmen Gameboy und Playstation. Um es in der Botschaft des heutigen Evangeliums zu sagen: Die Menschen, die so leben, tun Jesus leid. Denn sie sind wie Schafe ohne Hirten, also wie Lebewesen ohne jede geistige Orientierung. Haben diese Menschen in unserem Wohlstands-land einen Gott so bitter nötig? Haben sie Hunger nach Gott?

In diesem kam die Nachricht, dass die Kirchenaustrittszahlen im Jahre 2019 eine neue rekordhöhe erreicht haben. 275.000 Menschen sind in Deutschland aus der katholischen Kirche ausgetreten, das sind 55.000 mehr als 2018. Und von denen, die formal in der Kirche bleiben, praktizieren über 90 % ihren Glauben nicht mehr. Schlicht gesagt: Der Glaube ist ihnen egal. Soziologen sagen: „Es gibt in dieser Gesellschaft keinen Hunger nach Gott mehr, sondern einen riesigen Gottesverlust.“

Oder ist dieser Hunger nur verschüttet unter Milliarden von Angeboten der Konsumgesellschaft? Exupery glaubt an diesen Hunger. „Sie hätten einen Gott so bitter nötig, die Menschen, die da mit ihm an der Theke stehen.“ Sagt er, also einen Gott, der Ansage macht, darüber, was gut und richtig, böse oder falsch ist, einem, der Hoffnung gibt selbst im Leid und der Ausweglosigkeit des Todes.

Auch das heutige Evangelium glaubt an diesen Gotteshunger. Tausende machen sich auf den Weg in die Wüste, nur um diesen Jesus zu hören und lauschen so gespannt diesem Mann aus Nazareth, dass sie darüber den Hunger ihrer Mägen vergessen. Und da wird die Vermehrung von den 5 Broten und 2 Fischen zum Symbol. In Wirklichkeit geht es um die Nahrung für die Seele. Dieser Jesus hat so viel zu geben an Sinn, Orientierung, Lebens-maß-stäben, Zuwendung und Liebe, dass es für Tausende reicht, wohl auch für Millionen und Milliarden von Menschen bis in unsere Zeit.

Manchmal begegnet man diesem Hunger bei Menschen, von denen man glaubt, sie lebten eigentlich nur von Smartphone und Playstation.                Dazu ein Beispiel. Kürzlich waren bei mir in der Wohnung zwei Schreiner-Handwerker, die neue Fenster einsetzten, ein Geselle und ein vielleicht 16-jähriger Lehrling. Der Lehrling arbeitete allein in der Küche an einem Fenster und pfiff dabei immer ein Lied. Ich summe es Ihnen mal vor: „Wer nur den lieben Gott lässt walten und hoffet auf ihn allezeit, den wird er wunderbar erhalten, in aller Not und Traurigkeit, wer Gott dem Allerhöchsten traut, der hat auf keinen Sand gebaut.“ Haben Sie es erkannt? „Wer nur den …“ Nein, das war kein moderner Schlager von Amy Winehouse oder so, sondern ein Choral von J.S. Bach. Wie kommt ein 16-jähriger dazu, sich in einem solchen Lied sichtlich wohl zu fühlen? Ich frage ihn: Hast Du engen Kontakt zu einer katholischen Gemeinde? Nein, sagt er, ich gehöre zu einer evangelischen Freikirche. Und sonntags gehe ich gern zu den Gottesdiensten und auch zu anderen Gemeindeveranstaltungen. Da fühlt man sich so zugehörig. Und dieses Lied? frage ich weiter. Er sagt: Wenn ich bete, in Kontakt mit Gott bin, dann  werde ich ruhiger, irgendwie zufriedener. Da war er doch, dieser Hunger nach Gott und nach einer Tiefenbegründung des Lebens. „Denn wer auf Gott vertraut, der hat auf keinen Sand gebaut.“ Da will ein junger Mensch sein Leben nicht in den Sand setzen; nicht aufbauen auf den Reichtum von Geld, Erfolg und Vergnügungen, sondern auf den Reichtum von Beziehungen mit Menschen, will reich werden an Gott.

Lass mich in Kleinem neu beginnen,

am Morgen früh schon im Gebet,

so weiß ich, es soll mir gelingen:

Du machst mein Leben jetzt konkret.

Es ist nie zu spät, mit Gott in seinem Leben neu anzufangen.

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