2020-06-11 Fronleichnam – Sinn des Lebens
Liebe Schwestern und Brüder,
„Wohin sollen wir gehen, um den Sinn des Lebens zu finden?
Wohin soll ich gehen, wenn ich hier in Siddinghausen lebe, und den Sinn des Lebens suche? Nach Büren in die Werkstrasse, zum Richard Hesse Marktkauf? Da ist in den Regalen der Fleisch- und Fischabteilung, im Getränkemarkt manch Verlockendes zu finden, das das Leben angenehm auspolstert. Oder soll ich gehen in die Burgstrasse, in die Drogerien, die Pizzeria oder in die Apotheke mit ihren Beruhigunspillen, den Aufputschmitteln oder soll ich gehen in die dunklen Ecken der Drogenscene oder in die Kneipen mit den legalisierten Drogen? Ohne Weichmacher ist doch der Alltag kaum noch auszuhalten.
Wohin sollen wir gehen, um den Sinn des Lebens zu finden?
In die Königstrasse, auf die Sparkasse oder die Volksbank, für einen schnellen Kredit? Zum Reisebüro mit den tollen Sonderangeboten für eine Traumreise in die Karibik, zur Safari in Kenia, oder zum Korallentauchen auf südpazifischen Inseln?“ Alles, wonach in dieser Coronazeit unsere Seele so mächtig dürstet?
Wohin sollen wir gehen?
Ins Internet, in die Mediastores. Da kann ich mich stundenlang aufhalten, Videos und Hits herunterladen für viele Euros. Aber ich ahne, Orientierung, Sinn, das ist für Geld nicht zu bekommen.
Wohin sollen wir gehen? Zu den Gurus der Sekten? Zur Scientologychurch, zu Baghwan oder Moon? Zu den Workshops der Esoteriker über Astrologie oder Reinkarnation? Zu den obskuren Angeboten der Psychoscene wie Feuerlaufen oder Erleuchtung im Fernkurs? Zur Schwitzhüttenmeditation oder in die zahlreichen Ayourwedakliniken?
Wohin, um den Sinn des Lebens zu finden?
Eine Antwort habe ich gefunden, als ich in den letzten Wochen Hunderttausende von Menschen bei Demonstrationen in Amerika und in anderen Ländern sah, die niederknieten. Nein, sie knieten nicht vor dem allerheiligsten Altarsakrament, sondern in Solidarität mit einem farbigen Menschen in Minneapolis, und mit allen benachteiligten Menschen dieser Erde. Mich hat das erinnert an einen berühmten Roman aus dem 19. Jahrhundert, der wie kein anderer zur Abschaffung der Sklaverei in Amerika gesorgt hat, Onkel Toms Hütte von Harriet Beecher Stowe, einer kleinen zierlichen Frau, die Greta Tunberg der Farbigenrechte in Amerika. Onkel Toms Hütte hat die Botschaft: Wer einen farbigen Sklaven zu Tode prügelt, der prügelt Jesus zu Tode. Wer mit seinem Knie einen Menschen erwürgt, der erwürgt Jesus. Onkel Tom wird dreimal von seinen Besitzern dreimal verkauft, einmal sogar weg von seiner Frau und seinen Kindern. Als man ihn am Ende ausspeitschte, weil er aus seinem christlichen Glauben keinen Hehl machte und sich für seine Brüder einsetzte, da hat er sterbend wie Jesus um Vergebung für seine Peiniger gebetet.
Hinter diesem Roman steht eine christliche Glaubensgemeinschaft, die sich oft unter dem Einsatz des eigenen Lebens für die Rechte der Sklaven und der Farbigen eingesetzt hat, die Gemeinschaft der Quäker.
Quäker bedeuteter Zitterer. Sie heißen so, weil sie in der Tiefe eines Gebets oft vor Ergriffenheit zittern. Die Quäker sind absolute Pazifisten und Wehrdienstverweigerer, weil sie glauben, dass in jedem Menschen Jesus wohnt. Ihr Grundsatz lautet: „Jesus is that oft God in you.“ Jesus ist das von Gott in dir. Ist das Licht von Gott in uns.
Liebe Mitchristen, wenn wir das Heilige Brot kommunizieren, glauben wir dann etwas anderes, als dass Jesus in uns lebt?
Wohin sollen wir gehen, um den Sinn des Lebens zu finden?
Du brauchst ihm nur bis zu Dir selbst entgegenzugehen, bis zu dem Jesus in Dir. Er sagt im Fronleichnamsevangelium: Ich bin das lebendige Brot, das vom Himmel herabkommt, ich bin die Verbindung zwischen Himmel und Erde. Das ist eine Bildrede und bedeutet: Ich bin die Kraft, die dich durchs Leben trägt, die dich selbst am Ende nicht verzweifeln lässt, die bis in die Ewigkeit reicht. Deshalb sind wir alle lebendige Monstranzen, Jesusträger, Träger des Lichtes, der Sonne der Gerechtigkeit.
Im Pilgerlied zum Eucharistischen Kongress heißt es: Dich zu suchen, dich zu finden, dir zu folgen, mit Dir sich zu verbinden, das ist unser Weg, das ist unsere Wahrheit, das ist unser Leben. Amen.