Predigt vom 14.4.2024 Ostersonntag – Gib mir Deine Hand

2024-04-14-3. Ostersonntag – Gib mir deine Hand

Liebe Schwestern und Brüder, 

einmal habe ich einen Kollegen besucht, einen guten Freund. Gleich am Anfang sagte er: „Ich muss gerade noch meinen Nachbarn besuchen, der hat heute Geburtstag. Gehst Du mit?“ Als wir vor der Haustür des Geburtstagskindes standen, merkte ich an: Was schenken wir ihm denn, wir haben ja nichts in der Hand. Darauf antwortete der Kollege: „Geben wir ihm doch einfach die Hand.“ Ich fand das ziemlich peinlich.

Aber was bedeutet denn die Geste des Handgebens als Begrüßung oder als Vermittlung guter Wünsche? Dem anderen die Hand zu geben ist ein uraltes, archaisches Ritual aus der Zeit, als die Menschen noch in Stammesverbänden lebten und sich ständig verteidigen mussten. Es will sagen: Ich komme mit offenen Händen zu dir, ich habe keine Waffen in der Hand. Ich habe sozusagen nichts gegen dich in der Hand. Ich akzeptiere dich, wie du bist. Weiterlesen

Predigt vom 17.3.2024 – Kafkaesk

2024-03-17-5.Fa.-So.- Kafkaesk

Liebe Schwestern und Brüder,

kafkaesk nennen wir das Leben, wenn es absurd, bedrohlich, rätselhaft wird, wenn wir das Gefühl haben, ganz ausgeliefert zu sein. Ist unsere Zeit so gesehen heute eine kafkaeske Zeit? Benannt nach Franz Kafka, der vor 100 Jahren, 1924, im Alter von erst 40 Jahren gestorben ist und heute mehr denn je gelesen wird. Das Lebensgefühl Kafkas drückt am ehesten diese Fabel aus: 

„Ach“, sagte die Maus, „die Welt wird enger mit jedem Tag. Zuerst war sie so breit, dass ich Angst hatte, ich lief weiter und war glücklich, dass ich endlich rechts und links in der Ferne Mauern sah, aber diese langen Mauern eilen so schnell aufeinander zu, dass ich schon im letzten Zimmer bin, und dort im Winkel steht die Falle, in die ich laufe.“ – „Du musst nur die Laufrichtung ändern“, sagte die Katze und fraß sie.                (Franz Kafka, Kleine Fabel, in Die großen Werke, Bd.1, S. 501) Weiterlesen