Predigt vom 13.1.2019 – Taufe

2019-01-13_Taufe_Christi – Schrifttext: Lk 3,15-22

Du gefällst mir

Liebe Schwestern und Brüder,

Vor vielleicht 20 Jahren hatte in der Gemeinde, in der ich damals lebte, eine Familie ihr Kind zur Taufe angemeldet. Bei der Aufnahme der Personalien fragte ich nach der Konfession der Eltern und der Paten.

Die Mutter war aus der Kirche ausgetreten, der Vater auch. Beide Paten stammten aus den neuen Bundeländern und waren konfessionslos. Ich sagte: „Ich kann ihr Kind nicht taufen, weil die christliche Erziehung ja nicht gewährleistet ist.“ Ich packte schon alle Sachen wieder in die Tasche, stand auf und wollte gehen. Da brach die Mutter  in Tränen aus, schlug mit der Hand auf die Tischkante und sagte: „Dieses Kind wird getauft. Wenn Sie es nicht machen, macht es ein anderer, und wenn ich dafür bis zum Nordpol laufe.“ Ich war geschockt, setzte mich wieder hin und fragte die Mutter: „Warum ist Ihnen die Taufe so wichtig?“ Da erzählte die Mutter von der Schwangerschaft, die in manchen Phasen so schwer war, dass sie um die eigene und um die Gesundheit des Kindes fürchtete. Am Ende sagte sie. „Und dass wir jetzt hier sind, das Kind und ich, da muss doch einer von oben die Hände mit im Spiel gehabt haben.“

Liebe Mitchristen, dieser Frau hat sich der Himmel geöffnet wie bei Jesu Taufe im Jordan. Denn diese  Frau hat eine religiöse Erfahrung gemacht. Sie hat erkannt: Unser Leben hängt nicht nur von menschlichen Bedingungen ab, sondern von einer Instanz, die viel größer ist, als ich mir das überhaupt denken kann. Taufe bedeutete für diese Frau: Ich will mein Kind und meine Familie in den Raum Gottes stellen, um eine endgültige Lebenssicherheit zu haben. Ich will wissen, dass wenn meinem Kind etwas passieren sollte, immer noch Gott da ist, der für es sorgen kann. Da habe ich gedacht: Diese Sicherheit muss ich der Frau geben. Dieses Kind muss ich taufen. Und wenn das formalrechtlich nicht stimmt, dann sollen sie das im Himmel regeln.

 

Liebe Mitchristen, gibt es in ihren Leben auch solche Situationen, da sich der Himmel geöffnet hat und Sie das Gefühl hatten: Hier berührt mich das Geheimnis? Vielleicht war es auch bei der Geburt eines Kindes, oder beim Tod eines lieben Menschen oder einfach zwischendurch im Alltag, beim Erleben der Natur. Meister Eckhard sagt: Die Welt ist voll von Gott und immer kann sich der Himmel öffnen.

 

In der letzten Woche habe ich im Sauerland eine Frau besucht, deren Mann ich vor vier Jahren beerdigt habe, keine 60 Jahre alt. Sie hat einen Sohn mit Downsyndromhandicap, der inzwischen 30 Jahre alt ist. Sie sagte mir, dass er jetzt auch noch Parkinson hat, eine Krankheit, die bei  Down-Syndrom-Kindern schnell auftauchen kann. Und dann fügte die Frau gelassen hinzu: Das schaffe ich jetzt auch noch. Ich fragte sie: Woher nehmen sie die Kraft? „Das ist jenseitige Kraft, Zuversicht von Gott.“ Der Himmel,  das  Geheimnis hat sich mir durch diese Frau geöffnet

Die Frau kann zu ihrem Sohn die Worte des heutigen Evangeliums sagen: Du bist mein Sohn, trotz Handicap und Parkinson, an Dir habe ich Gefallen, Du gefällst mir, weil Du mein Kind bist und immer und ewig Kind Gottes bleibst. Dieser Satz, den Gott zu Jesus spricht, gilt bei der Taufe jedem Kind. An dir habe ich mein Gefallen, Du gefällst mir. Weil Gott JA sagt zu einem Menschen sagt, darum können es auch die Eltern tun.

 

In einer christlichen Zeitschrift las ich diese Woche, dass das Jahr 2019 entscheidend werden könnte für die Frage, wie die Gesellschaft mit dem Leben an seinem Beginn umgeht. Die Debatte um den Paragraphen 219 a, in dem es um die Werbung für Abtreibung geht, verändere die Einstellung zum ungeborenen Leben. Die Möglichkeit des  vorgeburtlichen Bluttestes auf Downsyndrom führt dazu, dass neun von zehn Frauen sich für eine Abtreibung entscheiden, wenn auch nur ein erhöhtes Risiko auf Behinderung besteht. Nach dem christlichen Menschenbild beginnt selbstständiges individuelles Leben nicht erst mit der Geburt, sondern spätestens mit der Einnistung der befruchteten Eizelle im Uterus, also nach ca. zehn Tage. Spätestens also am 10. Tag einer Schwangerschaft gilt die Zusage Gottes: Du bist mein geliebtes Kind, du gefällst mir. Du bist ein Wunder des Lebens. Mit Dir kommt wieder das Geheimnis Gott zur Welt wie damals in Betlehem.

 

H.D. Hüsch , der große Kabarettist, hat am Ende seines Lebens, diesen Gedanken in folgenden Text gefasst:

„Im Übrigen möge Gott in unser Herz eindringen
Um uns mit seinen Gedankengängen zu erfrischen
Uns auf Wege führen
Die wir bisher nicht betreten haben
Aus Angst und Unwissenheit darüber
Dass Gott  uns nämlich aufrechten Ganges
Fröhlich sehen will
Wir müssen endlich vor aller Welt bezeugen
Dass  wir alle Kinder Gottes sind,

und zwar ein jedes Kind in jedem Land

Und jeder soll es uns ansehen und erstaunt sein
Dass Gottes Kinder fröhlich sein können
Und sagen: Donnerwetter!
So schön ist es, Kind Gottes zu sein? Amen.

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