Predigt vom 21.08.2022 – Zwei Wege

2022-08-21-21.So.i.J.

Zwei Wege Lk 13,22-30

Liebe Schwestern und Brüder,

nicht den breiten bequemen Weg zu wählen, sondern durch die enge Tür zu gehen und schwierige Pfade auszuprobieren, das bringt eigentliches Leben, am Ende Glück und Zufriedenheit. Oder wie es ein Dichterwort sagt: „Zwei Wege boten sich mir da, ich wählte den der weniger betreten war, das änderte meine Leben.“ (Walt Whitman)

Wir merken es täglich: das Leben wird enger, unbequemer. Die Ressourcen von Gas, Öl, Holz werden weniger, selbst Lebensmittel. Der Ukrainekrieg fordert gewaltige Opfer, die Klimakatastrophe fordert uns noch in diesem Jahrzehnt zu wirksamer Änderung des Lebensstils. Covid 19 scheint uns nicht zu verlassen, zwingt uns wieder unter Masken und in Abstandsregeln.

Das Leben auf der bequemen Luxusbahn scheint vorbei.

Politiker appellieren an die Eigenverantwortung der Menschen. Aber viele hören nur eigen, nur ich, nur eigensinnig, aber nicht Verantwortung. Sie versuchen, selbst vom Mangel zu profitieren und an Entlastungspaketen zu verdienen.

Ein Wort von John f. Kennedy wird wieder aktuell. „Frag nicht, was dein Land für dich tut, sondern, was du für dein Land tust.“ Aktuell könnte das heißen: Frag nicht, was die Erde, das Klima für dich tut. Die Erde hat weiß Gott für dich genug getan, zumindest in diesem immer noch fruchtbaren deutschen Land. Frag, was du tun kannst für die Erde, für saubere Luft und reines Wasser. Eigenverantwortung, auf jeden einzelnen kommt es an.

Das Leben wird enger? Darin liegt aber auch die Chance, dass wir enger zusammenrücken, in der Familie, der Gemeinde, in der Politik.

Wähle den weniger betretenen Weg, tritt ein durch die enge Pforte. Manche Menschen tun das immer noch auch in ihren menschlichen Beziehungen. Wenn man sich heute im Leben z.B. für die Einehe, also für einen Partner entscheidet, dann ist das ein enger Weg, und ein noch engerer, wenn man das über Jahre, über Jahrzehnte bis zur Goldenen oder eisernen Hochzeit durchhält. Wie kann das gehen?

Als ich jetzt in der Reha war, da hatte ich eine Phase, in der ich keine Lust hatte, keine Lust zum Lesen, zum Fernsehgucken, nicht mal zu Beten. Da schickte mir jemand ein Buch und ich las es in einem Zug durch. Es heißt „Vier weniger drei“. Darin erzählt eine junge Frau, wie sie in einem einzigen Augenblick durch einen Unfall am Bahnübergang ihren Ehemann, und ihren vierjährigen Sohn Timo und die zweijährige Fini verloren hatte. Darum der Titel: Vier weniger drei.

Wie kann ein solcher Mensch weiterleben ohne zu versteinern, zu verbittern.

Barbara Pachl erzählt, dass ihr Mann wenige Monate vor dem Unfall ihr angeboten hatte: Komm, wir schließen einen Vertrag. Und der besteht aus dem einen Satz: Wir wollen einander gut sein. Was ich dir auch sage: Ich meine es gut. Auch wenn meine Worte oft negativ oder gar verletzend klingen, weil ich ja oft aus meiner Haut nicht herauskann: Ich meine es gut mit dir.

Die Menschen, die heute hier in dieser Kirche sind und viele Jahre, 30, 40 oder 50 Jahre verheiratet sind, haben sich wahrscheinlich niemals diesen Satz gesagt. Wir wollen einander gut sein. Aber sie haben ihn gelebt.

In Gesundheit und Krankheit, in guten und in schweren Zeiten. Wenn einer schlecht drauf war, dann hat der andere ihn aufgerichtet und umgekehrt. Das weiß man ja vorher nie, welche Wendungen das Leben nimmt. Ich habe hohen Respekt vor Menschen, die dann nach Jahrzehnten gelebter Ehe für den anderen einstehen oft über Jahre der Pflegebedürftigkeit und der höchsten Intensität von Zuwendung. Das sind die wirklichen Heiligen im Lande.

Dann gelingt es solchen Menschen, die so viele Jahre Familie lebten, sich auch noch einzusetzen in der politischen Gemeinde, der Kirchen-Gemeinde oder den Vereinen, also Verantwortung für das Ganze zu übernehmen.

Das ist der enge Weg, der heute wieder nötiger denn je ist: Eigen-verantwortung zu übernehmen, für sein Eigen, die eigenen Beziehungen aber auch für das Gelingen des ganzen Lebens.

„Wir wollen einander gut sein!“ Das ist ein Band der Verantwortung, das hält auch über den Tod hinaus, sagt Barbara Pachl-Eberhart.


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