Predigt vom 14.3.2021 – Bleib gesund

2021-03-14- 4._Fa._So.
Bleib gesund
Joh 3,14-21

Liebe Schwestern und Brüder,
der häufigste Satz, den Menschen in diesen Zeiten hören, lautet: „Bleib gesund!“ Das höchste Gut ist die Gesundheit!? Das ist Konsens bei den meisten Menschen.
Der Psychotherapeut und Theologe Manfred Lütz weist darauf hin, dass der Gesundheitskult in unserer Gesellschaft geradezu religiösen Status angenommen hat. Er schreibt, auch schon vor Corona sei der Wert der Gesundheit weitaus wichtiger gewesen als der der Religion. In seinem Buch Lebenslust bringt er dazu folgende Beispiele:
„Unsere Vorfahren bauten Kathedralen, wir bauen Kliniken.
Unsere Vorfahren machten Kniebeugen, wir machen Rumpfbeugen. Unsere Vorfahren retteten ihre Seelen, wir retten unsere Figur.
Unsere Vorfahren warteten im Advent auf die Ankunft des Herren Jesus, Patienten in der Uni-Klinik warten auf die Ankunft des Herrn Chefarztes, der mit einer Heerschar von Engeln in Weiß zur Visite kommt.

Das Glück, das Heil erwarteten die Menschen viel mehr von ihrer Fitness als von ihrem Glauben. Im Jahre 2019 gingen mehr als doppelt so viele Menschen am Sonntag ins Fitnessstudio als Katholiken in den Sonntagsgottesdienst. An die Stelle von ewigen Heilserwartungen sind ganz praktische Heilungs-Erwartungen getreten.
Niemand hat laut Lütz etwas gegen Ausgleichssport oder Pflege des Körpers. Das Problem der herrschenden Gesundheitsreligion sind nicht die Inhalte, sondern die Übertreibung. Es ist ein Trugschluss, sich durch Gesundheitswahn ewig verlängertes Leben zu erhoffen, sich dadurch erlösen zu wollen. Das setzt viele Menschen unter einen solchen Leistungsdruck, dass sie trotz höchster Fitness überhaupt keine Lebenslust mehr haben. Der Mensch bleibt Adam, also aus Adama, aus Erde gemacht, und sein Körper verfällt wieder zur Erde. Das war vor 5000 Jahre so, das ist auch heute noch so. Man kann sich vieles von der Medizin erhoffen, aber nicht alles. Alles erhofft man allein von Gott. Er allein kann dein Leben in die Ewigkeit verlängern, sagt Lütz.

Sich gegen Covid 19 impfen zu lassen, ist von großer Bedeutung. Denn laut Papst Franziskus hat man nicht nur Verantwortung für sich, sondern auch für den Mitmenschen, den man durch eine Ansteckung nicht in Gefahr bringen darf. Denn das Christentum ist immer auch eine soziale mitmenschliche Religion. Es ist gut, dass wir schon bald durch die Impfung soziale Beziehungen und Lebensqualität zurückgewinnen und unser Leben vielleicht um etliche Jahre verlängern können. Aber Unsterblichkeit bringen uns weder Impfungen noch so gute Therapien.
Für unsere Unsterblichkeit hat Jesus sein Leben gegeben, heißt es im heutigen Evangelium des 4. Fastensonntags. Da steht: Er ist nicht in diese Welt gekommen, um uns Menschen am Ende zu richten, also uns all unsere Verfehlungen, Sünden und Brüche der Lebensgeschichte vorzuhalten, sondern allein, um uns für immer zu retten.

Als der große Königsberger Philosoph Immanuel Kant schon im hohen Alter war, kam zu ihm ein Schüler und sagte diesen eingangs erwähnten Satz: „Das höchste Gut, Herr Professor, ist doch die Gesundheit.“ „Nein“, antwortete Kant, „das höchste Gut ist die Übereinstimmung mit der Heiligkeit Gottes.“

Die Seele des Menschen braucht mehr, als nur in einem fitten Körper zu wohnen. Sie braucht Gemeinschaft mit einem ewigen heilen heiligen unzerstörbaren Sinn.
Bleib gesund! Bei diesem Gruß zum Abschied frage ich mich manchmal: Was sage ich dem, der krank ist, der vielleicht chronisch krank ist und nie wieder richtig gesund werden kann, weil er MS oder ein anderes schlimmes Leiden hat? Vielleicht würde ich ihm sagen: Bleib in der Hoffnung, halt dich an gute Menschen, vielleicht auch an Gott.

Es ist ein großer Fortschritt unserer Medizin, dass sie die psycho-somatischen Wechselwirkungen erkannt hat, die Wirkungen zwischen Seele und Körper. Aber wir brauchen mehr als psychosomatische Medikamente für den Menschen des 21. Jahrhunderts. Wir brauchen psycho-spirituell-somatische Heilmittel, die Verwurzelung im unvergänglichen Leben vermitteln. Darum nennt man die Sakramente auch Medikamente der Unsterblichkeit.

Ein alter Priester hat einmal erzählt, wie er einen jungen Mann, Alexander, der hoffnungslos an Aids erkrankt war, besucht hat. Alexander hatte ihn gebeten, ihm mit einer Salbe den Rücken einzureiben. Der Priester kam ins Schwitzen und dachte: Mein Gott, hoffentlich zittern meine Hände jetzt nicht. Panik jagt durch den Priester. Er verteilt die Salbe ganz langsam. Seine Hände schwitzen und zittern nicht. Aber plötzlich zittert Alexander. Der Kranke bebt am ganzen Körper. Er schluchzt und weint und spricht: „Seit Jahren hat mich niemand mehr berührt, immer nur mit Handschuhen, aus Angst sich anzustecken.“ Und der Seelsorger denkt: „Seit so vielen Jahren bin ich Priester. Jetzt weiß ich wirklich, was Krankensalbung ist.“ Er hat kein Gebet gesprochen und trotzdem hat Gott durch ihn die Seele des Kranken gestreichelt. Danach sehnen sich Menschen doch in dieser Krisenzeit nach liebevollen Kontakten und Berührungen durch Menschen, aber auch danach, dass Gott die Seele streichelt und das Leben unendlich sanft in seinen Händen hält. Amen.

2021-03-14_Bleib_gesund als pdf und als mp3 zum Download

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