Predigt vom 1.11.2021 – Allerheiligen auf dem Friedhof

2021-11-01 Allerheiligen auf dem Friedhof

DENK-Mal

Liebe Schwestern und Brüder,

Denk-Mal, so nenne wir die Zeichen auf den Gräbern, die wir am Allerheiligen besuchen. Die Verstorbenen fordern uns also auf: Denk-Mal an mich, Vergiss mich nicht, lass mich nicht aus deinem Herzen fallen.

Was steht auf ihren Denkmälern, liebe Mitchristen. Die Namen ihrer Lieben, vielleicht auch die biographischen Daten. Findet sich dort ein Bild, ein Kreuz, eine Madonna, eine Christusfigur, ein Engel, oder eine Leiter, eine Brücke, eine Sonne…All diese Bilder drücken aus, dass wir in Verbindung bleiben, dass unsere Verstorbenen nicht weg sind, sondern eine Existenz in unseren Herzen und in der Nähe Gottes haben.

Aber es gibt in manchen Gräbern auch Symbole, die sehen wir nicht, weil sie bei der Beerdigung mit in den Sarg gelegt wurden: Bilder die Kinder gemalt haben, ein Ehering, eine Halskette, sonst ein Schmuck, ja man könnte sagen, Grabbeigaben, die symbolisch den Verstorbenen stärken sollen auf seinen Weg in das ewige Leben.

Vor Jahren habe ich einmal einen 14-jährigen Jungen beerdigt, der an Leukämie gestorben war. Ich nenne ihn hier Björn. Beim Trauergespräch fragte mich die Mutter: Kann man dem Björn auch einen Frosch mit in den Sarg legen, Kermit aus der Sesamstrasse. Und dann erzählte sie, dass eine Mitschülerin, die Steffi, dem Björn wenige Wochen vor seinem Tod einen Brief geschrieben hatte, in dem es heißt:

Lieber Björn, ich traue mich nicht, dich zu besuchen, weil du so schwer krank bist. Aber ich schicke dir Kermit, den Frosch, und zwar habe ich kürzlich eine Geschichte von zwei Fröschen gefunden, die in einen Eimer voll Milch gefallen waren. Einer dieser Frösche gab sofort auf und jammerte und ging in der Milch unter. Aber der andere gab nicht auf. Er strampelte und strampelte, bis er am anderen Morgen auf einem kleinen Berg Butter saß, von dem aus er aus dem Eimer herausspringen konnte.

Und darum Björn, so schreibt Steffi, nimm diesen kleinen Frosch in die Hand und denke, der hat es geschafft; ich kann es auch schaffen. Gib nie auf.

Die Mutter sagte mir, Björn hätte in den letzten Wochen seines Lebens, den Frosch immer wieder in die Hand genommen und gesagt: Mama lies noch mal die Geschichte von den Fröschen.

Und dann fragte ich die Mutter: Wie gehen sie denn damit um, dass Ihr Sohn es ja nicht geschafft hat am Leben zu bleiben? Sie antwortete: „Zumindestens hat er es geschafft, sein schweres Schicksal auszuhalten und mir hat die Geschichte auch geholfen, Björn dabei zu begleiten. Und sie hilft mir auch jetzt bei der Beerdigung, an Björn zu denken. Denk-Mal. Darum möchte ich den Frosch und den Brief von Steffi mit in den Sarg legen.

Ich habe damals gedacht, glaube ich, dass im Bilde gesprochen, der Tod ein Sprung ist aus dem Milcheimer dieser zu klein gewordenen Welt hinein in einen großen Ocean der Ewigkeit.

Alfred Delp, der große Widerstandskämpfer gegen die Nazis, hat wenige Tage vor seiner Hinrichtung in einem Brief an seine Eltern geschrieben: Was ist denn der Tod? Der Tod ist nichts anderes als der Sprung aus mir heraus in Gott hinein.

Denk mal! Denken sie heute an ihre Verstorbenen und vielleicht auch daran, dass sie den Sprung schon geschafft haben, der uns noch bevorsteht. Aber sie sorgen bei Gott dafür, dass wir es auch schaffen. Denn sie freuen sich auf ein Wiedersehen. Amen.


als pdf

als mp3

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.